MELDUNG

Anspruch auf Anonymisierung der Veröffentlichung nach § 57 GwG

Die Veröffentlichung bestimmter Maßnahmen und Bußgeldentscheidungen nach § 57 GwG auf Webseiten der Behörden wie der BaFin, des Bundesverwaltungsamts und sonstiger Aufsichtsbehörden wird auch als „Internet-Pranger” bezeichnet, an dem die Betroffenen öffentlich bloßgestellt werden. Eine derartige Prangerwirkung hat das Verwaltungsgericht Ansbach in einer aktuellen Entscheidung (VG Ansbach, 4. Kammer, Beschluss vom 12.05.2023 – AN 4 E 23.697) bemängelt und zugleich festgestellt, dass Betroffene sich hiergegen wehren und unter bestimmten Voraussetzungen eine Anonymisierung der Bekanntmachung beanspruchen können.

Tatbestand

Der Entscheidung des Verwaltungsgerichts lag der Antrag einer Einzelkauffrau auf einstweiligen Rechtsschutz zugrunde, welcher sich gegen die Bekanntmachung einer gegen sie verhängten Maßnahme richtete. Die Bekanntmachung sollte auf der Internetseite der Antragsgegnerin (einer Behörde) erfolgen. Hintergrund war ein gegen die Antragstellerin geführtes Ermittlungsverfahren. Ein ehemaliger Kunde der Antragstellerin sollte in 53 Fällen mit inkriminiertem Bargeld bezahlt haben.  Das geführte Verfahren wurde mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Nach der Verfahrenseinstellung erließ die Behörde einen Einziehungsbescheid, wonach die von der Antragstellerin erlangten Bargelderträge von insgesamt 113.640,70 EUR eingezogen werden sollten. Zugleich wies die Behörde die Antragstellerin darauf hin, dass die Maßnahme entsprechend § 57 GwG auf ihrer Internetseite in nicht anonymisierter Form bekannt gemacht werden solle.

Hiergegen wandte sich die Antragstellerin und beantragte mit anwaltlichem Schreiben, die Bekanntmachung zu unterlassen, hilfsweise die Maßnahme in anonymisierter Form zu veröffentlichen.

Zur Begründung führte sie an, die Veröffentlichung in nicht-anonymisierte Form greife in rechtswidriger Weise in ihr Persönlichkeitsrecht und die Berufsfreiheit ein. Durch die Veröffentlichung werde zudem ein erheblicher Schaden für ihren Ruf, die Vertrauenswürdigkeit und das Geschäft verursacht. Den Einziehungsbescheid habe sie im Interesse des Rechtsfriedens akzeptiert und den verlangten Einziehungsbetrag vollständig entrichtet. Zudem habe sie Maßnahmen ergriffen, um künftige Verstöße gegen die Geldwäsche zu verhindern.

Die Veröffentlichung in anonymisierter Form lehnte die Behörde aus Gründen der Notwendigkeit einer effektiven Gefahrenabwehr ab. Sie hielt im Übrigen die Veröffentlichung mit der vom Gesetz vorgesehenen Befristung von 5 Jahren als verhältnismäßig an. Die beanstandete Verletzung des Persönlichkeitsrechts und der Berufsfreiheit müssten hinter den vom Geldwäschegesetz verfolgten spezial- und generalpräventiven Erwägungen zurücktreten.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Gericht sah die Veröffentlichung in nicht-anonymisierter Form als rechtswidrig an und gab dem Antrag auf eine lediglich anonymisierte Bekanntmachung statt. Zugleich äußerte das Gericht erhebliche Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Bekanntmachungsvorschrift des § 57 Abs. 1 GwG mit den Grundrechten der Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 Grundrechtscharta (GRC), Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und dem Verbot erniedrigender Behandlung nach Art. 4 GRC.

Nach Auffassung des Gerichts führt die öffentliche Bekanntmachung von Verstößen unmittelbar zu einer Prangerwirkung, mit die Betroffene bloßgestellt werden. Hieraus können sich für die Betroffenen erhebliche Folgen ergeben.

Zum einen ist zu befürchten, dass sich die Geschäftspartner vor dem Hintergrund der fehlenden Geldwäscheprävention abwenden.

Zum anderen ist bei einer nicht anonymisierten Bekanntmachung ein langfristiger Reputationsschaden und eine dauerhafte Stigmatisierung zu befürchten, die zu einem wirtschaftlichen „Todesurteil” der Betroffenen führen kann. Gerade im Internet besteht die Gefahr, dass sich die Information verselbständigt und das Unternehmen weiter über die beabsichtigte spezialpräventive Reuewirkung dauerhaft schädigt. Vor diesem Hintergrund wäre die begrenzende Wirkung der normativ vorgeschriebenen Veröffentlichungsdauer nicht gewährleistet. Dies vor dem Hintergrund, dass heutzutage spezialisierte Internetseiten existieren, die andere Seiten archivieren können, so dass gelöschte Informationen dauerhaft verfügbar bleiben.

Ein solcher „Internetpranger“, der begrifflich an mittelalterliche Formen der Bestrafung anknüpft, bei der Betroffene öffentlich zur Schau gestellt wurden, werfe zudem die berechtigte Frage nach der Vereinbarkeit der gesetzgeberischen Zielrichtung einer Reuewirkung beim Betroffenen mit dem Schutz vor erniedrigender Behandlung nach Art. 4 GRC auf.

Das Gericht betont außerdem, dass die Veröffentlichung auf der Internetseite der Behörde mit einer erheblichen Veränderung der Markt- und Wettbewerbsbedingungen für die individualisierten Unternehmen einhergeht, welche sich mit den general- und spezialpräventiven Zielen der Bekanntmachung nicht rechtfertigen ließe.

Fazit und Ausblick

Die richtungweisende Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist sowohl aus wirtschaftlicher Sicht als auch aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen. Sie gibt den Betroffenen viele Argumente an die Hand, um sich gegen eine drohende Bekanntmachung nach § 57 GwG zur Wehr zu setzen und verdeutlicht, dass die Prangerwirkung der Veröffentlichung von Verstößen gegen das Geldwäschegesetz verfassungsrechtlich nicht ganz unbedenklich ist.

Zu bedenken ist allerdings, dass es sich hierbei noch um eine „Einzelfallentscheidung” handelt, welche durch andere Gerichte, insbesondere die Oberverwaltungsgerichte und das Bundesverwaltungsgericht sowie den EuGH noch keine Bestätigung erfahren hat.

Betroffene Unternehmen sollten sich daher der Bedeutung der Geldwäscheprävention bewusst sein und darauf achten, dass sie auch weiterhin die Anforderungen des Geldwäschegesetzes einhalten. Sieht man sich gleichwohl einmal genötigt, gegen eine nach § 57 GwG drohende Veröffentlichung auf der Internetseite einer Behörde vorzugehen, so muss vortragen werden, inwieweit die Veröffentlichung das Recht auf freie Marktausübung und Berufsfreiheit verletzt bzw. die betriebliche Existenz gefährdet.

Gerne unterstützen wir Sie bei allen Fragen zum rund um das Thema Geldwäscheprävention und helfen Ihnen bei der Einhaltung und Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben.

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