Arbeitsrecht

Aufgaben des Betriebsrats

Ist ein Betriebsrat errichtet, hat er unterschiedliche Beteiligungsrechte, die einerseits nach der Art der Beteiligung und andererseits nach der betroffenen Thematik unterschieden werden können.

Im Hinblick auf die Art der Beteiligung unterscheidet das Betriebsverfassungsgesetz zwischen

  • Informationsrechten
    Bei Informationsrechten muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die geplante Maßnahme informieren. Mit der Erteilung der Information ist das Beteiligungsrecht des Betriebsrats in diesem Fall auch aufgebraucht. Der Arbeitgeber muss nicht die Stellungnahme des Betriebsrats abwarten, um die geplante Maßnahme durchzuführen.
  • Anhörungsrechten
    Auch bei Anhörungsrechten muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die geplante Maßnahme informieren. Zusätzlich muss der Arbeitgeber hier aber auch die Stellungnahme des Betriebsrats einholen oder abwarten, bis die dem Betriebsrat durch Gesetz eingeräumte Frist zur Stellungnahme abgelaufen ist. Erst im Anschluss kann der Arbeitgeber die geplante Maßnahme durchführen.
  • Beratungsrechten
    Bei Beratungsrechten muss der Arbeitgeber nicht nur informieren. Der Arbeitgeber muss die Meinung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einholen und mit ihm erörtern. Sind sich Arbeitgeber und Betriebsrat im Anschluss an die Beratung nicht einig, kann der Arbeitgeber die geplante Maßnahme auch gegen den erklärten Willen des Betriebsrats durchführen.
  • Zustimmungsrechte
    Besteht ein Zustimmungsrecht des Betriebsrats muss der Arbeitgeber vor der Durchführung der geplanten Maßnahme die Zustimmung des Betriebsrats einholen. Ohne die Zustimmung des Betriebsrats darf die geplante Maßnahme vom Arbeitgeber nicht umgesetzt werden. Der Betriebsrat darf seine Zustimmung aber nicht nach freiem Ermessen, sondern nur aus den Gründen verweigern, die im jeweiligen Tatbestand auch benannt sind.
  • Mitbestimmungsrechten
    Die stärkste Form der Beteiligungsrechte des Betriebsrats sind die Mitbestimmungsrechte. Der Arbeitgeber muss bei einem Mitbestimmungsrecht mit dem Betriebsrat eine Einigung herbeiführen, bevor die geplante Maßnahme durchgeführt wird. Führt der Arbeitgeber die geplante Maßnahme ohne die Einigung mit dem Betriebsrat durch, ist die Maßnahme rechtswidrig. Das Gesetz sieht zudem mit der Einigungsstelle einen Eskalationsmechanismus vor, sofern keine Einigung herbeigeführt werden kann. Außerdem muss der Betriebsrat bei den Mitbestimmungsrechten in der Regel auch nicht darauf warten, dass der Arbeitgeber eine Maßnahme plant. Der Betriebsrat hat insoweit auch ein eigenes Initiativrecht.

Thematisch unterscheidet das Betriebsverfassungsrecht die Beteiligung des Betriebsrats u.a. bei sozialen Angelegenheiten (§§ 87 ff. BetrVG), bei personellen Einzelmaßnahmen (§§ 99 ff. BetrVG) und bei Betriebsänderungen (§§ 111 BetrVG).

I. Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten § 87 BetrVG

Besonderer Bedeutung kommt der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten und dem in § 87 BetrVG geregelten Katalog an Mitbestimmungstatbeständen zu. In den Katalogtatbeständen besteht ein Mitbestimmungsrecht, sodass der Arbeitgeber eine Einigung mit dem Betriebsrat erreicht, bevor er eine Maßnahme umsetzt. Individuelle Maßnahmen, die vor der Einigung vom Arbeitgeber getroffen werden, sind unwirksam (Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung). Bei den Katalogtatbeständen wird daher auch von der erzwingbaren Mitbestimmung gesprochen. Kann keine Einigung zwischen den Betriebsparteien erzielt werden, kann zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Einigungsstelle angerufen werden. Die Einigungsstelle besteht aus jeweils gleich vielen Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich die Betriebsparteien einigen müssen. Der Arbeitgeber darf die Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten nicht nur wegen der individual-rechtlichen Unwirksamkeit (siehe oben) nicht übergehen. Besteht ein Mitbestimmungsrecht, kann der Betriebsrat gegen ein Übergehen mit einem Unterlassungsanspruch vorgehen, der durch ein Ordnungsgeld abgesichert werden kann.

Nachfolgend werden zu einzelnen Tatbeständen der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten Einzelheiten dargestellt:

1. Fragen der Ordnung des Betriebs (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG)

Nach Nr. 1 sind die Ordnung im Betrieb und das Verhalten der Arbeitnehmer untereinander mitbestimmungspflichtig. Die Mitbestimmung umfasst die Normierung verbindlicher Verhaltensregeln über die Zusammenarbeit der Arbeitnehmer. Mitbestimmungsfrei sind dagegen Regelungen, die das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer betreffen (BAG, Beschl. v. 23.02.2016, Az.: 1 ABR 18/14). Beispiele für mitbestimmungspflichtige Maßnahmen sind unter anderem Taschenkontrollen und Kleiderordnungen.

2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG)

Nach Nr. 1 besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit. Das Mitbestimmungsrecht nach Nr. 2 bezieht sich jedoch nicht auf die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Die Mitbestimmung erstreckt sich z.B. auf die Einführung einer gleitenden Arbeitszeit und die damit verbundenen Einzelfragen. Auch die Einführung von Vertrauensarbeitszeit, also der Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung, ist mitbestimmungspflichtig.

3. Vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG)

Im Gegensatz zum Mitbestimmungstatbestand in Nr. 2 geht es in Nr. 3 um die außerordentliche Veränderung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Mitbestimmungspflichtig ist also die Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit. Relevante Fallgruppen sind die Anordnung bzw. die Vereinbarung von Überstunden oder die Einführung von Kurzarbeit. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht unabhängig davon, ob die geplante Maßnahme (also die Anordnung der Überstunden oder die Einführung von Kurzarbeit) im Einvernehmen mit einem Arbeitnehmer erfolgt (Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung). Selbst die Eilbedürftigkeit steht dem Mitbestimmungsrecht nicht entgegen.

4. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze (§ 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG)

Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich insbesondere auf den Erholungsurlaub nach § 1 BUrlG. Mitbestimmungspflichtig ist daneben auch die Erteilung von Bildungsurlaub (BAG, Beschl. v. 25.05.2002, Az.: 1 ABR 37/01). Auch die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze, wie Betriebsferien, ist mitbestimmungspflichtig. Ist der jeweilige Arbeitnehmer mit der Bestimmung seiner Urlaubszeit unzufrieden, kann an der Festsetzung der Betriebsrat mitwirken.

5. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG)

Das Mitbestimmungsrecht für die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen ist in Zeiten von Digitalisierung äußerst relevant geworden. Damit das Mitbestimmungsrecht einschlägig ist, bedarf es zuerst einer technischen Einrichtung, also einer optischen, akustischen, mechanischen oder elektrischen Anlage. Rein organisatorische Maßnahmen wie Arbeitszeitberichte, Arbeitsbücher und Zeitkarten sind nicht erfasst.

Der Einsatz dieser Einrichtungen muss darüber hinaus geeignet sein, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Auf eine Überwachungsabsicht kommt es nicht an. Die Einrichtung erfüllt also bereits dann die Überwachungsanforderung, wenn Informationen über die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers erhoben werden. Das Mitbestimmungsrecht geht also heutzutage sehr weit.

Beispiele für mitbestimmungspflichtige Einrichtungen sind: Zugangskontrollen zum Betrieb, Fahrtenschreiber, Fotokopiergeräte mit individuellen Identifikationsnummern, elektronische Arbeitszeiterfassungssysteme und Arbeitsplatzrechner mit Office Software, sowie Cloud-Computing. Selbst die Einrichtung einer öffentlichen Facebook-Seite des Unternehmens unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats, wenn Besucher auf dieser Beiträge posten können (BAG, Beschl. v. 13.12.2016, Az.: 1 ABR 7/15).

6. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG)

Dieses Mitbestimmungsrecht dient dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer innerhalb der gesetzlichen Vorschriften. Das Mitbestimmungsrecht richtet sich also jeweils nach der gesetzlichen Rahmenvorschrift. Einen darüberhinausgehenden Schutz kann der Betriebsrat nicht verlangen (BAG, Beschl. v. 02.04.1996, Az.: 1 ABR 47/95).
Der Europäische Gerichtshof traf die Grundsatzentscheidung, dass alle Arbeitgeber zu der Einführung eines zuverlässigen und transparenten Arbeitszeiterfassungssystems verpflichtet sind, um die Einhaltung von Höchstarbeitszeiten sicherzustellen. Der Betriebsrat hat in diesem Zusammenhang jedoch kein Initiativrecht zur Einführung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG (vgl. BAG, Beschl. v. 13.09.2022, Az.: 1 ABR 22/21). Denn ein Mitbestimmungsrecht besteht gem. § 87 Abs. 1 BetrVG nur dann, soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Das Bundesarbeitsgericht legt § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG jedoch unionskonform aus, sodass bereits eine gesetzliche Pflicht des Arbeitsgebers zur Zeiterfassung seiner Arbeitnehmer besteht. Aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG kann der Betriebsrat folglich kein Mitbestimmungsrecht zur Einführung eines Arbeitszeitenerfassungssystems ableiten. Basiert die Zeiterfassung jedoch auf einem elektronischen System, greift § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein, sodass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zur Ausgestaltung des „Wie“ der Zeiterfassung hat.

7. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG)

Sozialeinrichtungen liegen vor, wenn den Arbeitnehmern und ihren Familien abseits des Arbeitsentgelts vermögenswirksame Leistungen gewährt werden. Die Errichtung der Sozialeinrichtungen obliegt allein dem Arbeitgeber, deren Ausgestaltung, Form und Verwaltung unterliegt jedoch dem Mitbestimmungsrecht. Auch die Schließung ist nicht vom Mitbestimmungsrecht erfasst und kann nur durch eine Betriebsvereinbarung verhindert werden.

8. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, Entlohnungsgrundsätze (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG)


Das Mitbestimmungsrecht über die Lohngestaltung und die Entlohnungsgrundsätze ist eine Generalklausel für die Mitbestimmung hinsichtlich des Arbeitsentgelts. Mitbestimmungspflichtig ist nicht die Entgelthöhe, sondern die Entgeltverteilung. Voraussetzung ist, dass keine tarifliche oder gesetzlich abschließende Regelung besteht. Erfasst werden alle Geldleistungen oder geldwerten Leistungen, die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gewährt werden. Erforderlich ist ein kollektiver Bezug. Nicht mitbestimmungspflichtig sind Einzelfallregelungen, die keinen Bezug zum Entgelt anderer Arbeitnehmer haben.
Mitbestimmungspflichtig sind beispielsweise die Einführung leistungsbezogener Vergütungsteile und die Gestaltung von Lohngruppen, soweit keine tarifliche Regelung besteht.

9. Festlegung von Akkord- und Prämiensätzen und andere leistungsbezogene Entgelte (§ 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG)

Auch die leistungsbezogenen Entgelte sind mit allen ihren Bezugsgrößen inklusive des Geldfaktors mitbestimmungspflichtig. Mitbestimmt werden beim Akkordlohn die Akkordsätze, also die Festsetzung des Geldwerts der einzelnen Leistungseinheit. Ebenso umfasst sind Prämienmodelle und vergleichbare leistungsbezogene Entgelte wie Provisionen.

10. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen (§ 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG)

Die Mitbestimmung hinsichtlich des Vorschlagswesens dient der gerechten Bewertung der Vorschläge vonseiten der Arbeitnehmer. Mitbestimmt sind demnach Systeme und Methoden, durch die Arbeitnehmer Vorschläge hinsichtlich der Verbesserung der betrieblichen Arbeit unterbreiten können. Das Mitbestimmungsrecht umfasst vornehmlich die Aufstellung der Grundsätze eines solchen betrieblichen Vorschlagwesens.

11. Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt (§ 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG)

Die Mitbestimmung in dem Bereich der Gruppenarbeit soll der Selbstausbeutung der Gruppenmitglieder oder sogar Ausgrenzungen von Arbeitnehmern in teilautonomen Gruppen entgegenwirken. Nur die „Durchführung“ der Gruppenarbeit ist Mitbestimmungspflicht. Unter die Durchführung fällt die Wahl eines Gruppensprechers oder auch die Konfliktlösung in der Gruppe. Das „Ob“, also Einführung und Beendigung von Gruppenarbeit ist hingegen mitbestimmungsfrei.

12. Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird (§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG)

Der durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz eingefügte Mitbestimmungstatbestand regelt die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird und soll Lücken, die bis zur Einführung im Betriebsverfassungsgesetz in diesem Zusammenhang bestanden, schließen. Aus der Gesetzesformulierung ergibt sich, dass sich der Anwendungsbereich dabei lediglich auf PC-gebundene Büroplätze bezieht. Zudem ist das „Ob“ der mobilen Arbeit nicht mitbestimmt. Mitbestimmungsfrei sind somit der zeitliche Umfang, in welchem die mobile Arbeit erfolgen soll, welchen Abteilungen die mobile Arbeit ermöglicht werden soll und ob die mobile Arbeit wieder beendet werden kann. Betriebsräte dürfen allerdings bei der Ausgestaltung der typischen Rahmenbedingungen mitwirken. Neben dem Ort sind auch Regelungen über die Verteilung und Dauer der mobilen Arbeit auf die Wochentage betroffen sowie Fragen der Erreichbarkeit und der IT-Sicherheit.

II. Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen

Der Betriebsrat ist bei der Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung eines Arbeitnehmers in Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern zu beteiligen. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Bewerbungsunterlagen über die beteiligten Personen unterrichten und den Betriebsrat um Zustimmung zur geplanten Maßnahme bitten.

1. Mitbestimmungspflichtige Maßnahmen nach § 99 BetrVG

a) Einstellung

Mitbestimmungspflichtig ist zuerst die Einstellung. Darunter ist die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers zu verstehen. Allerdings soll auch schon der Abschluss des Arbeitsvertrags mitbestimmungspflichtig sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Unterrichtung sich nicht auf die Person des Arbeitnehmers beschränkt, den der Arbeitgeber einstellen möchte, sondern sich die Auskunft auch auf diejenigen Bewerber zu erstrecken hat, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen will (BAG, Beschl. v. 19.05.1981 – 1 ABR 109/78

b) Eingruppierung

Die zweite Maßnahme ist die Eingruppierung. Darunter versteht man die erstmalige Festsetzung der Lohn- oder Gehaltsgruppe. Relevanz entfaltet dieses Mitbestimmungsrecht nur in Betrieben, die Lohn- und Gehaltsgruppen haben. Diese können sich beispielsweise aus Tarifverträgen ergeben. Soweit keine Gruppen vorhanden sind, besteht auch kein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich einer Eingruppierung.

c) Umgruppierung

Bei der Umgruppierung handelt es sich um die Veränderung der Lohn- oder Gehaltsgruppe. Weiterhin nicht erfasst sind die individuell mit dem Arbeitnehmer vereinbarten Entgelte.

d) Versetzung

Zuletzt ergibt sich eine Mitbestimmung bei der Versetzung. Eine Versetzung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer für einen längeren Zeitraum als voraussichtlich einen Monat ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen wird. Auch kann sich eine Versetzung bereits daraus ergeben, dass sich bei einer kürzeren Zuweisung die Arbeitsumstände erheblich verändern. Teilweise nahm das BAG in früherer Zeit noch an, dass kürzere Dienstreisen deshalb schon mitbestimmungspflichtig wären (BAG, Beschl. v. 01.08.1989, Az.: 1 ABR 51/88). Mittlerweile ist das BAG in dieser Hinsicht flexibler geworden und sieht nicht pauschal ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei Dienstreisen (BAG, Beschl. v. 21.09.1999, Az.: 1 ABR 40/98).

e) Entscheidungsalternativen und Verweigerungsgründe

Gemäß § 99 BetrVG hat der Betriebsrat ein Zustimmungsrecht. Der Betriebsrat hat bei der Unterrichtung nach § 99 BetrVG drei Reaktionsmöglichkeiten.

  • Der Betriebsrat kann (i) der personellen Einzelmaßnahme zustimmen.
  • Der Betriebsrat kann (ii) schweigen. Äußert sich der Betriebsrat nicht innerhalb von einer Woche nach der Unterrichtung, gilt dies nach § 99 Abs. 3 BetrVG als Zustimmung zu der Einzelmaßnahme.
  • Schließlich kann der Betriebsrat (iii) seine Zustimmung innerhalb einer Woche nach der Unterrichtung verweigern. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, muss er dafür einen Grund angeben.

Eine abschließende Liste der möglichen Verweigerungsgründe enthält § 99 Abs. 2 BetrVG. Wichtig ist vor allem der erste Verweigerungsgrund. Er besteht, wenn ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften vorliegt. Das kann beispielsweise ein Gesetzesverstoß sein, wie z.B. der Verstoß gegen ein Beschäftigungsverbot wegen Schwangerschaft nach dem MuSchG. Auch kann bei einer Einstellung die Zustimmung verweigert werden, die unter Verstoß gegen die Anti-Diskriminierungsvorschriften zustande gekommen ist. Wird der Ein- oder Umgruppierung die Zustimmung verweigert, wird das regelmäßig auf Verstöße gegen einen Tarifvertrag gestützt. Bei diesen handelt es sich um Rechtsvorschriften im Sinne der Regelung.

f) Rechtsfolgen

Die Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat wirkt sich je nach der personellen Einzelmaßnahme unterschiedlich aus. Bei der Einstellung hat die Zustimmungsverweigerung keine Auswirkung auf die Wirksamkeit des abgeschlossenen Arbeitsvertrags. Der Arbeitsvertrag bleibt wirksam (BAG, Urt. vom 05.04.2001 – 2 AZR 580/99). Der Betriebsrat kann jedoch verlangen, dass die personelle Maßnahme, die ohne Zustimmung aufrechterhalten bleibt, gerichtlich untersagt wird.

Bei der Versetzung führt die Zustimmungsverweigerung grundsätzlich zur Unwirksamkeit gegenüber dem Arbeitnehmer.

Bei der Ein- und Umgruppierung dagegen stellt die Beteiligung des Betriebsrats nur eine Richtigkeitskontrolle dar, sodass der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers sich nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit richtet.

Weiter stellt sich die Frage, wie der Arbeitgeber sich gegen die verweigerte Zustimmung zur Wehr setzen kann. Hat der Betriebsrat rechtswirksam seine Zustimmung verweigert, kann der Arbeitgeber einerseits beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung beantragen (§ 99 Abs. 4 BetrVG) und andererseits die personelle Maßnahme vorläufig ausführen (§ 100 BetrVG).

Das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG wird durch einen Antrag beim zuständigen Arbeitsgericht eingeleitet. Ersetzt das Arbeitsgericht am Ende die Zustimmung des Betriebsrats, weil der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet hat und der Betriebsrat keinen Zustimmungsverweigerungsgrund geltend machen kann, ist die Einstellung auch betriebsverfassungsrechtlich zulässig. Bereits vor der Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Zustimmungsersetzung kann der Arbeitgeber die personelle Maßnahme vorläufig durchführen, wobei es hierfür eines sachlichen Grundes bedarf (§ 100 Abs. 1 BetrVG). Ein sachlicher Grund könnte im Fall einer Einstellung darin zu sehen sein, dass der Arbeitsplatz zur Sicherung eines ordnungsgemäßen betrieblichen Ablaufs besetzt werden muss. In einem solchen Fall ist der betroffene Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären (§ 100 Abs. 1 S. 2 BetrVG) und der Betriebsrat zu unterrichten (§ 100 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Ist der Betriebsrat mit der vorläufigen Durchführung nicht einverstanden, kann er die Dringlichkeit bestreiten und dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen (§ 100 Abs. 2 S. 2 BetrVG). Möchte der Arbeitgeber trotzdem an der vorläufigen Durchführung festhalten, muss er binnen drei Tagen sowohl die Zustimmungsersetzung als auch die Feststellung der Dringlichkeit beim Arbeitsgericht beantragen (§ 100 Abs. 2 BetrVG). Hält der Arbeitgeber dieses Prozedere nicht ein, drohen ihm Zwangsgelder in Höhe von bis zu EUR 250,00 pro Tag

2. Anhörung Betriebsrat § 102 BetrVG

Das wohl bedeutendste Mitbestimmungsrecht bei personellen Einzelmaßnahmen ist die Anhörung des Betriebsrats im Vorfeld des Ausspruchs einer Kündigung. Der Arbeitgeber hat vor jeder Kündigung den Betriebsrat anzuhören und ihm die Gründe der Kündigung mitzuteilen. Der Betriebsrat kann binnen einer Woche schriftlich Bedenken gegen eine ordentliche Kündigung äußern. Im Falle einer fristlosen Kündigung beträgt die Frist drei Tage.

Anzuhören ist dabei jeweils der Betriebsrat des Betriebs, dem der Arbeitnehmer angehört. Wie eingangs erwähnt, muss die Anhörung vor Ausspruch der Kündigung erfolgen, das heißt bevor das Kündigungsschreiben den Machtbereich des Arbeitgebers verlässt. Wird also eine Kündigung beispielsweise zur Post gegeben, bevor die Frist des Betriebsrats zur Stellungnahme verstrichen ist, ist die Kündigung unwirksam.

Für eine ordnungsgemäße Anhörung muss der Arbeitgeber die Tatsachen mitteilen, die er seinem Kündigungsentschluss zugrunde legt. Nach dem sogenannten Grundsatz der subjektiven Determinierung muss der Arbeitgeber daher insbesondere die Personalien und die Kündigungsart mitteilen. Ebenfalls sind der Kündigungstermin und die Kündigungsfrist anzugeben. Auch die relevanten Sozialdaten wie das Alter, der Familienstand, die Länge der Betriebszugehörigkeit und besondere Umstände wie eine Schwerbehinderung sind ebenfalls mitzuteilen. Zuletzt muss der Arbeitgeber den genauen Kündigungssachverhalt mitteilen, wie er sich für ihn darstellt. Bei der verhaltensbedingten Kündigung sind also das kündigungsrelevante Verhalten sowie bereits erteilte Abmahnungen und entlastende Umstände mitzuteilen. Bei einer betriebsbedingten Kündigung ist beispielsweise darzulegen, wieso eine Weiterbeschäftigung auf dem Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Ist die Unterrichtung unvollständig oder verschweigt der Arbeitgeber insbesondere Teile des Sachverhalts, führt das zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Der Betriebsrat kann der Kündigung widersprechen (§ 102 Abs. 3 BetrVG). Der Widerspruch selbst führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Er führt jedoch dazu, dass der Arbeitnehmer bis zum Abschluss eines eventuellen Kündigungsschutzprozesses einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung haben kann.

III. Mitbestimmung bei Betriebsänderungen, § 111 BetrVG

Es kann vielfältige Gründe geben, warum es für ein Unternehmen notwendig ist, Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG vorzunehmen. Diese betriebliche Veränderung kann in der Größe des Standorts, der Struktur oder der Arbeitsweise des Betriebs liegen; als gesetzliche Beispiele einer Betriebsänderung werden in § 111 S. 3 BetrVG die Betriebsstillegung, die Betriebsverlegung oder der Betriebszusammenschluss genannt. Die Betriebsänderung bedingt oftmals wesentliche Änderungen und auch Nachteile für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft. Das Betriebsverfassungsgesetz bestimmt daher, dass der Betriebsrat bei einer Betriebsänderung zu beteiligen ist. Als Betriebsänderung wird im Übrigen auch ein Personalabbau in den Größenordnungen von § 17 Abs. 1 KSchG verstanden. In Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmern hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach §§ 111, 112 BetrVG.

Voraussetzung für die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte nach §§ 111 ff. BetrVG ist, dass im entscheidenden Zeitpunkt tatsächlich ein Betriebsrat für den betroffenen Betrieb besteht. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei das Ende des unternehmerischen Planungsstadiums. Wenn also bei Beginn der Durchführung der Betriebsänderung kein Betriebsrat besteht, kann eine Betriebsänderung ohne den Versuch eines Interessenausgleichs und ohne Abschluss eines Sozialplans durchgeführt werden.

Nach § 111 S. 1 BetrVG müssen erhebliche Teile der Belegschaft von den wesentlichen Nachteilen betroffen sein. Erheblich ist die Anzahl der Betroffenen, wenn sie die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG erreicht:

BetriebsgrößeErhebliche Teile
21-59 Arbeitnehmer6 Arbeitnehmer
60-499 Arbeitnehmer10 % oder 25+ Arbeitnehmer
500-599 Arbeitnehmer30 Arbeitnehmer
600 und mehr Arbeitnehmer6 Arbeitnehmer
10 % oder 25+ Arbeitnehmer
30 Arbeitnehmer
5 % der Arbeitnehmer

Entstehen wesentliche Nachteile für einen erheblichen Teil der Arbeitnehmer ist der Arbeitgeber dann dazu verpflichtet den Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung zu unterrichten und mit ihm darüber zu beraten, um auf einen Interessenausgleich und Sozialplan hinzuwirken. Die Unterrichtung des Betriebsrats muss rechtzeitig und umfassend erfolgen, d.h. bevor der Arbeitgeber mit der Umsetzung der Betriebsänderung beginnt. Dem Betriebsrat muss bei der Unterrichtung über die Maßnahmen, also mitgeteilt werden, was und vor allem wann es passiert sowie die Gründe für deren Zweckmäßigkeit und die zu erwartenden Auswirkungen auf die betroffenen Arbeitnehmer mitgeteilt werden. Diese Informationen werden dann dem Interessenausgleich sowie der Sozialplan zugrunde gelegt.

a) Interessenausgleich

Gegenstand des Interessenausgleichs ist das „Ob, Wann und Wie der geplanten Betriebsänderung“ (BAG, Urteil v. 27.10.1987 – Az.: 1 ABR 9/86). Im Interessenausgleich sollen nicht wirtschaftliche Nachteile ausgeglichen oder abgemildert werden. Typische Regelungen im Interessenausgleich sind die Modalitäten der Betriebsänderung. Darunter fallen die Termine für Entlassungen und Freistellungen, die Einführung von Kurzarbeit. Es können auch Maßnahmen sein, die eine Betriebsstillegung verzögern, wie z.B. Fortbildungen von Arbeitnehmern im Umgang mit neuer Produktionstechnik, um die Versetzung des Arbeitnehmers in eine andere Abteilung zu ermöglichen.

In drei Fällen sieht der Gesetzgeber einen Interessenausgleich unter Namensnennung der betroffenen Arbeitnehmer vor:

  • Bei einer Betriebsaufspaltung sind diejenigen Arbeitnehmer namentlich zu bezeichnen, die nach der Umwandlung einem bestimmten Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet werden sollen (vgl. § 323 Abs. 2 UmwG).
  • Außerdem sollen zu kündigende Arbeitnehmer, deren Kündigungsschutz gravierend eingeschränkt ist, namentlich in dem Interessenausgleich genannt werden (vgl. § 1 Abs. 5 KSchG).
  • Deckungsgleich dazu müssen auch die zu kündigenden Arbeitnehmer, deren Kündigungsschutz gravierend eingeschränkt ist, namentlich in dem Interessenausgleich zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat genannt werden (vgl. § 125 Abs. 1 S. 1 InsO).

Das Verfahren ist beendet, wenn eine Einigung zustande kommt oder, wenn eine Einigungsstelle feststellt, dass eine Einigung nicht möglich ist. Da der Unternehmer nur einen Einigungsversuch schuldet, hat der Betriebsrat beim Interessenausgleich kein Mitbestimmungs-, sondern nur ein Mitwirkungsrecht.

b) Sozialplan

Der Sozialplan dient dem Ausgleich oder der Minderung wirtschaftlicher Nachteile der betroffenen Arbeitnehmer, z.B. durch Abfindungen für gekündigte Arbeitnehmer. Er soll aufgestellt werden, bevor die Betriebsänderung durchgeführt wird (BAG, Urteil v. 23.04.1985 – Az.: 1 ABR 39/81). Das bedeutet gleichzeitig, dass die wirtschaftlichen Nachteile noch nicht aufgetreten sein müssen, sondern es genügt die Möglichkeit des Eintretens aufgrund der Betriebsänderung. Der Sozialplan ist einseitig mithilfe der Inanspruchnahme einer Einigungsstelle erzwingbar (§ 112 Abs. 4 BetrVG); dies gilt nicht bei einem reinen Personalabbau in einem Betreib mit mindestens sechs bis hin zu sechzig Arbeitnehmern, von denen weniger als 20 % betriebsbedingt gekündigt werden.

Beim Erarbeiten des Sozialplans müssen die Betriebsparteien zwar die Grenzen des § 75 BetrVG und des § 7 AGG einhalten, ansonsten haben sie jedoch ein weites Ermessen. Sie müssen nicht alle denkbaren Risiken absichern, sondern können abwägen, welche wirtschaftlichen Nachteile der betroffenen Arbeitnehmer in welchem Umfang ausgeglichen oder gemildert werden sollen (BAG, Urteil. v. 08.12.1976 – Az.: 5 AZR 613/75). Zudem sind Vorteile eines Arbeitnehmers, die infolge einer Betriebsänderung entstehen, bei der Bestimmung des Nachteils zu berücksichtigen, sofern sie durch dieselbe Maßnahme entstanden sind und somit in einem Zusammenhang stehen.

Kommt eine Einigung über den Sozialplan zustande, so bedarf sie der Schriftform (§ 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG) oder der besonderen elektronischen Form des § 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG. Der Sozialplan ist vom Arbeitgeber und Betriebsrat, d.h. vom Betriebsratsvorsitzenden oder – im Falle seiner Verhinderung – seinem Stellvertreter, zu unterschreiben.

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