Arbeitsrecht

Kündigung und Kündigungsschutz

Die in der Praxis wichtigste Form zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist die Kündigung. Der zur Kündigung entschlossene Arbeitgeber hat dabei einige allgemeine Aspekte zu beachten.

I. Kündigungserklärung

1. Schriftform

Eine Kündigung muss immer schriftlich ausgesprochen werden, § 623 BGB. Der Arbeitgeber (oder ein Vertreter ) muss die Kündigung daher eigenhändig unterzeichnen (§ 126 Abs. 1 BGB). Die Unterschrift muss hierbei unterhalb des Textes stehen und diesen räumlich abschließen. Eine Begründung muss die Kündigung grundsätzlich nicht enthalten. Ausnahmen gelten etwa bei einer erlaubten Kündigung während des Mutterschutzes (§ 17 Abs. 2 S. 2 MuSchG) oder während der Berufsausbildung (§ 22 Abs. 3 BBiG). Fehlt hier die Begründung, ist die Kündigung nichtig.

Mit den vorbenannten Fällen nicht gleichzusetzen ist § 626 Abs. 2 S. 3 BGB. Nach dieser Norm hat ein Arbeitnehmer die Möglichkeit bei einer außerordentlichen Kündigung die Benennung des Kündigungsgrundes zu verlangen. Der Arbeitgeber hat dann den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Erfolgt das nicht, hat das keine Bedeutung für die Wirksamkeit der Kündigung, sondern löst im Einzelfall allenfalls einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Verfahrenskosten für das erfolgslos betriebene Kündigungsschutzverfahren gegen den Arbeitgeber aus, weil zum Zeitpunkt der Klageerhebung mangels Mitteilung des Kündigungsgrundes die Erfolgsaussichten des Kündigungsschutzverfahrens nicht abgesehen werden konnten.

Achtung: Die Schriftform der Kündigung ist nur gewahrt, wenn die unterschriebene Kündigung dem Kündigungsempfänger im Original zugeht. Nicht ausreichend ist somit, dass die Kündigung als Fax, eingescannter Anhang einer E-Mail oder per Messenger-Dienst an den Arbeitnehmer übermittelt wird.

2. Zugang der Kündigungserklärung

Um wirksam zu werden, muss die Kündigung dem Arbeitnehmer zugehen (§ 130 Abs. 1 BGB). Hierfür muss das Schriftstück „in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangen und mit der Kenntnisnahme bei gewöhnlichem Lauf der Dinge gerechnet werden können“. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Übermittlung der Kündigung (s.u.). Unabhängig vom Übermittlungsweg gilt jedoch stets, dass der Kündigende für einen ausreichenden Nachweis über den Zugang der Kündigung sorgen sollte, um den Zugang im Streitfall (vor Gericht) auch nachweisen zu können. Hierfür ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig.

a) Übergabe am Arbeitsplatz

Zunächst kann die Kündigung durch Übergabe am Arbeitsplatz übermittelt werden. Wenn die Übergabe gegen eine sog. Empfangsquittung erfolgt, ist dieses Vorgehen außerordentlich empfehlenswert. Zusätzlich kann ein Zeuge zur Übergabe hinzugezogen werden. Der Zeuge sollte die Kündigung vorher unbedingt gelesen haben. Andernfalls könnte der Empfänger behaupten, er habe zwar ein Schriftstück erhalten, aber nicht das Kündigungsschreiben. Der Zeuge ist vor allem auch dann hilfreich, wenn der Kündigungsempfänger sich weigert, den Zugang der Kündigung zu quittieren. 

b) Übergabe am Wohnsitz

Die Übermittlung der Kündigung kann auch am Wohnsitz des Arbeitnehmers erfolgen. Insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt (z.B. wegen einer Freistellung), ist eine Übermittlung am Wohnsitz erforderlich.  

Wird die Kündigung dem Empfänger persönlich vor Ort übergeben, so gelten dieselben Grundsätze, wie bei der Übergabe am Arbeitsplatz. Wird die Kündigung hingegen an einen Dritten übergeben (z.B. die Ehefrau), so ist zu differenzieren. Der Dritte kann Empfangsvertreter, Empfangsbote oder Erklärungsbote sein. Bei dem Empfangsvertreter erfolgt der Zugang beim Kündigungsempfänger unmittelbar durch Übergabe des Kündigungsschreibens. Beim Empfangsboten erfolgt der Zugang erst, wenn mit der Weiterleitung an den Kündigungsempfänger unter gewöhnlichen Umständen zu rechnen ist. Bei einem Erklärungsboten ist die Kündigung erst mit der tatsächlichen Weiterleitung an den Kündigungsempfänger zugegangen. Aufgrund der häufig schwierigen Abgrenzung ist bei der Übergabe des Kündigungsschreibens an Dritte Zurückhaltung angebracht.  

c) Einlegen in den Briefkasten

Stattdessen kommt jedoch ein Einlegen der Kündigung in den Briefkasten in Betracht. Der Vorteil ist, dass es für den Zugang der Kündigung durch Einwurf in den Briefkasten keine Rolle spielt, ob und wann der Empfänger die Kündigung tatsächlich zur Kenntnis nimmt. Im Regelfall ist mit der Kenntnisnahme „unter dem gewöhnlichen Lauf der Dinge“ jedenfalls am nächsten Tag zu rechnen; wenn das Kündigungsschreiben hingegen bereits am Anfang des Tages (eine genaue zeitliche Grenze ist vom Einzelfall abhängig) eingeworfen wird, so kommt auch ein Zugang am selben Tag in Betracht, da bei Briefkästen nach der Rechtsprechung davon auszugehen ist, dass sie nach Abschluss der üblichen örtlichen Postzustellungszeiten geleert werden (BAG, Urteil vom 22.08.20219 – Az.: 2 AZR 111/19).

Da es für den Zugang der Kündigung auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und nicht auf die tatsächliche Möglichkeit zur Wahrnehmung ankommt, kann eine Kündigung sogar dann zugehen, wenn der Arbeitnehmer nicht vor Ort ist, um den Briefkasten zu leeren, z.B. wegen einer Urlaubsabwesenheit oder wegen einem Krankenhausaufenthalt. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber von der urlaubsbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers weiß und der Arbeitnehmer erst nach seinem Urlaub – ggf. nach Ablauf der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage – tatsächlich Kenntnis von der Kündigung nimmt (BAG, Urteil v. 22.03.2012, 2 AZR 224/11). 

d). Besonderheiten bei postalischer Übermittlung

Arbeitgeber können die Kündigung zwar theoretisch als einfachen Brief versenden. Das ist allerdings riskant, da dann das Risiko eines verspäteten oder unterbliebenen Zugangs vom Arbeitgeber getragen werden muss und bei einem einfachen Brief ein erhebliches Nachweisrisiko besteht.

Die Wahl eines Einwurf-Einschreibens bietet mehr Sicherheit als die Versendung als einfacher Brief und ist innerhalb der Übermittlungsmöglichkeiten durch die Post der zu bevorzugende Weg. Der Arbeitgeber sollte in diesem Fall aber den Original-Einlieferungsbeleg aufbewahren. Gemeinsam mit dem Auslieferungsbeleg, der bei der Post reproduziert werden kann, kann nach einer verbreiteten Auffassung auf diese Weise zumindest ein Anscheinsbeweis für den Zugang erzeugt werden (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 28.07.2021 – Az.: 4 Sa 68/20). Nichtsdestotrotz sollte das Einwurf-Einschreiben nicht die erste Wahl sein, um eine Kündigung zugehen zu lassen.

Von einem Rückschein-Einschreiben und einem Übergabe-Einschreiben sollte wohl eher Abstand genommen werden. In der Praxis besteht das Risiko, dass der Empfänger vom Postboten nicht angetroffen werden kann. Das Rückschein-Einschreiben und das Übergabe-Einschreiben werden in diesem Fall auf der Poststelle zur Abholung hinterlegt und der Empfänger über die Hinterlegung informiert. Der Zugang ist erst durch die Abholung bei der Post bewirkt. Im Ergebnis kann also der Kündigungsempfänger die Abholung und damit auch den Zugang des Kündigungsschreibens verzögern. Dem Arbeitgeber bleibt dann nur den ggf. schwierigen Nachweis einer Zugangsvereitelung zu führen.

e) Zugangsvereitelung

Sorgt der Arbeitnehmer vorsätzlich dafür, dass ihm die Kündigung nicht zugehen kann (sog. Zugangsvereitelung), indem er im Hinblick auf eine bevorstehende Kündigung z.B. seinen Briefkasten abschraubt oder die Annahme der Kündigung verweigert, so darf er sich nach Treu und Glauben nicht auf den fehlenden Zugang der Kündigung berufen. Er muss sich so behandeln lassen, als wäre die Kündigung durch den Übermittlungsversuch zugegangen (sog. Zugangsfiktion).

Neben der vorsätzlichen Zugangsvereitelung kommt auch eine fahrlässige Zugangsvereitelung in Betracht.  

Beispiel: Der Arbeitnehmer teilt dem Arbeitgeber versehentlich eine nicht mehr aktuelle Adresse mit.

Anders als die vorsätzliche Zugangsvereitelung führt die fahrlässige Zugangsvereitelung nicht automatisch zur Fiktion des Zugangs der Kündigungserklärung. Vielmehr muss der Kündigende weitere Übermittlungsversuche vornehmen, sobald er von dem fehlenden Zugang Kenntnis erlangt. Geht die Kündigung daraufhin zu, so kann sich der Gekündigte nach Treu und Glauben jedoch nicht darauf berufen, dass ihm die Kündigung nicht rechtzeitig zugegangen ist (sog. Rechtzeitigkeitsfiktion). Er muss sich so behandeln lassen, als wäre die Kündigung mit dem ersten Übermittlungsversuch zugegangen.  

Beachte: Die Rechtzeitigkeitsfiktion tritt erst ein, wenn die Kündigung infolge weiterer Übermittlungsversuche tatsächlich zugeht. Eine Zugangsfiktion liegt daher gerade nicht vor!

f) Zurückweisung der Kündigungserklärung

Ein Arbeitsverhältnis kann nur dann wirksam gekündigt werden, wenn die Kündigung von einer zur Kündigung berechtigten Person ausgesprochen bzw. unterzeichnet wurde. Wer zum Ausspruch der Kündigung befugt ist, kann insbesondere bei größeren Unternehmen problematisch sein und sollte daher vorher unbedingt geprüft werden.

Eine Kündigungsberechtigung kann sich hierbei sowohl aus dem Gesetz (z.B. der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH) als auch aus der Position (z.B. Leiter der Personalabteilung) ergeben. Schließlich kann ein Kündigungsberechtigter auch andere Personen zur Kündigung bevollmächtigen. In dieser Konstellation ist der Arbeitnehmer allerdings schutzwürdig, weil prinzipiell jeder behaupten kann, zum Ausspruch der Kündigung ermächtigt worden zu sein. Dem Arbeitnehmer steht daher das Recht zu, die Kündigung unverzüglich zurückzuweisen, wenn der Kündigende keine Originalvollmacht des Kündigungsberechtigten vorlegt, §§ 174 KSchG, § 180 S. 1 BGB. Wichtig ist, dass eine Zurückweisung nur dann erfolgreich ist, wenn sie unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. Wann ein „schuldhaftes Zögern“ vorliegt muss im Einzelfall geprüft werden. Unzweifelhaft muss der Arbeitnehmer die Kündigung aber nicht sofort zurückweisen, sondern kann vorher noch rechtlichen Rat einholen. Eine Zurückweisung, die nach dem Ablauf einer Woche erfolgt, ist in der Regel als verspätet einzuordnen. Eine Zurückweisung ist zudem ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zuvor mitgeteilt hat, dass er den Bevollmächtigten bevollmächtigt hat.

3. Kündigungsschutz

Steht eine arbeitgeberseitige Kündigung an, so stellt sich stets die Frage, ob der gekündigte Arbeitnehmer Kündigungsschutz genießt. Hierbei kann zwischen dem allgemeinen und dem besonderen Kündigungsschutz unterschieden werden. Der allgemeine Kündigungsschutz kommt jedem Arbeitnehmer zugute, sofern der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes eröffnet ist. Der Anwendungsbereich des KSchG ist eröffnet, wenn:

  • das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung mehr als sechs Monate besteht und   
  • in der Regel mehr als fünf bzw. bei Neueinstellung nach dem 31.12.2004 mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden.

Für den Anfang der sechs-monatigen Frist ist nicht die tatsächliche, sondern die vereinbarte (rechtliche) Arbeitsaufnahme maßgeblich. Unter engen Voraussetzungen erfolgt auch eine Anrechnung eines zuvor bestandenen Arbeitsverhältnisses, wenn ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. So wurde eine Anrechnung beispielweise im Fall eines Lehrers, der über die Sommerferien gekündigt wurde, angenommen. Aufgrund des zwingenden Charakters der Kündigungsschutzvorschriften ist eine vertragliche Verlängerung der Wartezeit nicht möglich; dennoch kann in gewissen Fällen eine faktische Verlängerung der Wartezeit bewirkt werden.

Findet das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, so ist eine Kündigung nur dann wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG). Neben dem Vorliegen der besonderen Voraussetzungen eines der drei Kündigungsgründe, gelten unabhängig vom konkreten Kündigungsgrund stets übergeordnete Grundprinzipien.

a) Prognoseprinzip

Zunächst stellt eine Kündigung keine Strafe oder Sanktion für Vergangenes dar, sondern soll den Arbeitgeber vor zukünftigen Belastungen bewahren. Die Kündigung ist somit zukunftsbezogen. Entscheidend ist daher nicht ausschließlich was war, sondern vor allem inwiefern das Arbeitsverhältnis auch in Zukunft in einem Maße belastet sein wird, das eine Beendigung desselben rechtfertigt. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist hierbei stets der Zugang, wobei es in der Natur der Sache liegt, dass eine Prognose sich später als falsch herausstellen kann. Ist das der Fall, so kann in manchen Fällen ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Wiedereinstellung bestehen.

b) Ultima-ratio-Prinzip

Zudem ist die Kündigung stets ultima ratio, d.h. das letzte Mittel, das ergriffen werden darf. Es genügt daher nicht, dass die Prognose ergibt, dass das Arbeitsverhältnis auch in Zukunft belastet sein wird. Vielmehr muss die Belastung so stark sein, dass hierdurch der Einsatz der Kündigung als ultima ratio grundsätzlich gerechtfertigt wird. Sofern dem Arbeitgeber mildere Mittel zur Verfügung stehen, die die nach der Prognose zu erwartenden Beeinträchtigungen ebenfalls vermeiden können, muss er diese wählen. So muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer beispielsweise vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung in der Regel abmahnen.

c) Interessenabwägung

Auf letzter Stufe ist sodann eine Interessenabwägung erforderlich, die in Abhängigkeit vom Kündigungsgrund mal mehr, mal weniger ausführlich erfolgt. Innerhalb der Interessenabwägung sind das Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses (Bestandsinteresse) gegen das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Beendigungsinteresse) abzuwägen. Hierbei ist eine umfassende Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich. Wiederum hängen die zu berücksichtigenden Umstände eng mit dem Kündigungsgrund zusammen. So spielt bei der verhaltensbedingten Kündigung beispielweise der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers eine gewichtige Rolle. Außerdem können das Alter, etwaige Unterhaltsverpflichtungen oder ein Mitverschulden des Arbeitgebers relevant werden. Bei der betriebsbedingten Kündigung, die nicht am einzelnen Arbeitnehmer ansetzt, sind die bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigenden Kriterien abschließend gesetzlich festgelegt.

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