Arbeitsrecht

Ermahnung und Abmahnung

Bei Verstößen des Arbeitnehmers gegen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis stehen dem Arbeitgeber verschiedene Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung. Neben der Kündigung kommen vor allem die Ermahnung und die Abmahnung in Betracht. Insbesondere der Abmahnung kommt im Arbeitsrecht erhebliche Bedeutung zu, weil sie regelmäßig Voraussetzung dafür ist, dass eine (verhaltensbedingte) Kündigung im Einzelfall wirksam ist.

I. Ermahnung

Die Ermahnung ist ein wichtiges Mittel zur Reaktion auf Fehlverhalten eines Arbeitnehmers. Sie unterscheidet sich von der Abmahnung dadurch, dass der Arbeitgeber zwar auf ein Fehverhalten hinweist, jedoch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen androht. Sie ist insoweit das mildere Mittel und erfolgt in der Regel dann, wenn erstmals eine nicht ganz erhebliche Pflicht verletzt wird.

II. Abmahnung

Die Abmahnung hat in der Praxis eine erhebliche Bedeutung. Vor allem der Umstand, dass im Kündigungsschutzrecht das ultima ratio-Prinzip gilt und vor dem Ausspruch einer Kündigung mildere Mittel zu ergreifen sind, steigert die praktische Bedeutung der Abmahnung ungemein. Die Abmahnung wird daher in der Regel auch als „Vorstufe zur Kündigung“ wahrgenommen. Damit eine Abmahnung wirksam ist, müssen einige Funktionen eingehalten werden:

1. Inhalt der Abmahnung

Aus der Funktion der Abmahnung als milderes Mittel ergibt sich zugleich ihr notwendiger Inhalt. Die Abmahnung muss

  • das dem Arbeitnehmer konkret vorgeworfene Verhalten (oder Unterlassen) darstellen,
  • das Verhalten als Pflichtverstoß rügen,
  • zu zukünftig vertragsgemäßen Verhalten auffordern und
  • bei weiteren Pflichtverstößen arbeitsrechtliche Konsequenzen, insbesondere die Kündigung, androhen

Beispielhaft kann eine Abmahnung wie folgt aussehen:

Sehr geehrter Arbeitnehmer,

Sie wurden letzten Donnerstag von Ihrem Kollegen XY dabei beobachteten, wie Sie mehrere Flaschen Alkohol am Arbeitsplatz konsumierten. Wie sich aus Ihrem Arbeitsvertrag ergibt, gilt bei uns ein striktes Alkoholverbot. Sie haben durch Ihr Verhalten damit gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich zukünftig vertragsgemäß verhalten und den Alkoholkonsum am Arbeitsplatz umgehend einstellen. Sollten Sie gegen diese Aufforderung verstoßen, drohen Ihnen weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu einer Kündigung.

Mit freundlichen Grüßen
Arbeitgeber

2. Form der Abmahnung

Das Gesetz sieht für die Abmahnung keine Formvorschrift vor. Die Abmahnung kann also auch mündlich erfolgen. Allerdings ist dringend zu empfehlen, die Abmahnung dem Arbeitnehmer so zuzustellen, dass der Zugang in einem ggf. später bestehenden Kündigungsschutzprozess auch nachgewiesen werden kann.

3. Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung?

Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Anzahl an Abmahnungen, die einer Kündigung vorausgehen müssen. Es kommt auf den Einzelfall an. Entscheidend ist vor allem die Intensität des Pflichtverstoßes. So kann ein besonders schwerwiegender Pflichtverstoß dazu führen, dass überhaupt keine vorherige Abmahnung erforderlich ist. Umgekehrt können bei besonders geringfügigen Pflichtverstößen mehrere Abmahnungen erforderlich sein, bevor wirksam gekündigt werden kann. Das ist beispielsweise bei der Privatnutzung des Internets am Arbeitsplatz denkbar.

4. Anspruch auf Löschung aus der Personalakte

Hat der Arbeitgeber zu Unrecht eine Abmahnung ausgesprochen und diese in die Personalakte eingetragen, so kann dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zustehen. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Abmahnung einen unzutreffenden Sachverhalt schildert oder fälschlich von einem Pflichtverstoß ausgeht. Der Arbeitgeber trägt für die in der Abmahnung aufgestellten Tatsachenbehauptungen die Beweislast.

Bei einer rechtmäßig ergangenen Abmahnung besteht zunächst kein Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte. Jedoch kann ein Entfernungsanspruch auch durch Zeitablauf entstehen, wenn der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentation der Pflichtverletzung hat. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn es sich um eine geringe Pflichtverletzung handelt und der Arbeitnehmer sich mehrere Jahre beanstandungsfrei verhalten hat. Es gilt: Je geringer der Pflichtverstoß und je länger die darauffolgende beanstandungsfreie Zeit, desto eher muss der Arbeitgeber auch eine zunächst rechtmäßig ergangene Abmahnung aus der Personalakte entfernen. Eine fest bemessene Dauer, nach deren Ablauf der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr haben soll, ergibt sich allerdings nicht aus dem Gesetz oder der Rechtsprechung. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwere und Qualität des gerügten Fehlverhaltens.

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