Arbeitsrecht

Bewerbungsverfahren, allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Vorstellungskosten

Bevor ein Arbeitsvertrag geschlossen wird und der Arbeitnehmer das erste Mal für den Arbeitgeber tätig wird, stehen das Bewerbungsverfahren und die Stellenausschreibung an.

I. Pflicht zur internen Stellenausschreibung

In Betrieben mit einem Betriebsrat kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber allgemein oder in Bezug auf bestimmte Positionen verlangen, dass die zu besetzende Stelle intern ausgeschrieben wird, bevor der Arbeitgeber die Stelle besetzt (vgl. §§ 93 S. 1 BetrVG). Aus der Stellenausschreibung muss sich ergeben, um welchen Arbeitsplatz es sich handelt und welche Voraussetzungen der Bewerber erfüllen muss.

II. Vorstellungskosten

Stellt sich der Bewerber beim Arbeitgeber vor, besteht nicht selten keine Einigkeit darüber, wie mit Vorstellungskosten (z.B. Fahrt-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten) umzugehen ist. Unabhängig davon, ob später ein Arbeitsvertrag geschlossen wird oder nicht – muss der Arbeitgeber dem Bewerber die Vorstellungskosten ersetzen, wenn er den Bewerber zur Vorstellung aufgefordert hat und er nicht erklärt hat, dass die Übernahme der Vorstellungskosten ausgeschlossen ist. Ein entsprechender Ausschluss erfolgt durch einen expliziten Hinweis z.B. im Einladungsschreiben.

III. Diskriminierung in Stellenausschreibungen

Mithilfe von Stellenausschreibungen weisen Arbeitgeber auf zu besetzende Stellen hin und fordern potenzielle Bewerber zur Bewerbung auf. § 11 AGG sieht vor, dass die Diskriminierungsverbote des AGG auch im Hinblick auf Stellenausschreibungen anwendbar sind.

Eine Stellenausschreibung muss daher im Hinblick auf die in § 1 AGG genannten Merkmale (Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Alter, Behinderung, sexuelle Identität) neutral formuliert sein. Eine Differenzierung nach diesen Merkmalen, ohne dass es hierfür eine Rechtfertigung gibt, verstößt gegen das AGG.

Beispiel 1: Junge (Alter) dynamische Verkäuferin (Geschlecht) gesucht.

Das für eine Differenzierung eine Rechtfertigung besteht, ist die Ausnahme und nicht die Regel. Eine Rechtfertigung kommt aber in Betracht, wenn sie auf zwingende berufliche Gründe gestützt werden kann. So wurde beispielsweise entschieden, dass im Verkauf von Damenoberbekleidung und Badekleidung mit Anprobemöglichkeit das weibliche Geschlecht eine „unverzichtbare Voraussetzung“ zur Wahrung der Intimsphäre und des Schamgefühls der Kundinnen ist (LAG Köln, v. 19.07.1996 – 7 Sa 499/96).

Eine Diskriminierung setzt nicht voraus, dass ein Merkmal ausdrücklich gefordert wird. Es liegt nämlich schon dann eine (mittelbare) Diskriminierung vor, wenn an ein an sich neutrales Merkmal angeknüpft wird, das bei einer bestimmten Personengruppe deutlich häufiger vorhanden ist.

Beispiel 2: Lkw-Fahrer (m/w/d) mit muttersprachlichen Deutschkenntnissen (ethnische Herkunft) gesucht.

Bewirbt sich ein Bewerber auf die diskriminierende Stellenausschreibung, der das geforderte Merkmal nicht erfüllt (im ersten Beispiel z.B. ein älterer Mann), so wird gesetzlich vermutet, dass er die Stelle gerade wegen des fehlenden Merkmales nicht erhalten hat (§ 22 AGG). Auch wenn der Arbeitgeber den Bewerber tatsächlich aus anderen Gründen abgelehnt hat, ist es ihm praktisch nur schwer möglich, die gesetzliche Vermutung im Prozess zu widerlegen. Der Arbeitgeber müsste zur vollen Überzeugung des Gerichts beweisen, dass die Ungleichbehandlung „überhaupt keine Rolle“ gespielt hat. Die nichtdiskriminierenden Gründe für die Ablehnungsentscheidung müssten ferner schon vorgelegen haben, bevor die Ablehnungsentscheidung getroffen worden ist.

Gelingt es dem Arbeitgeber nicht, die Vermutung zu widerlegen, so erhält der abgelehnte Bewerber zwar keinen Anspruch auf den Arbeitsplatz (§ 15 Abs. 6 AGG). Ihm steht allerdings sowohl ein Schadensersatzanspruch (z.B. Bewerbungskosten, entgangenes Gehalt) als auch ein Anspruch auf eine Entschädigung bis zur Höhe von drei Monatsgehältern zu. Ein solcher Anspruch besteht dann nicht, wenn der Bewerber sich gerade des Anspruchs willens auf die Stelle beworben hat (sog. AGG-Hopping).

Um AGG-widrige Stellenausschreibungen zu vermeiden, sollten Arbeitgeber diese neutral formulieren und sich insbesondere vor allem auf die Tätigkeit selbst und nicht auf die Person des Bewerbers beziehen. Anforderungen an die Bewerber, die an ein o.g. Merkmal anknüpfen (z.B. Geschlecht), sollten nur insoweit gestellt werden, wie diese für die ausgeschriebene Stelle unerlässlich und daher zu rechtfertigen sind.

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