Verlängerung von Probezeit und Wartezeit
Aktualisiert am: 14. August 2025
Lesezeit: ca. 6 Minuten
Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Probezeit und Wartezeit: Die Probezeit meint die vertragliche Verkürzung der Kündigungsfrist auf 2 Wochen innerhalb der ersten 6 Monate der Beschäftigung. Die Wartezeit meint die gesetzliche Frist von 6 Monaten nach Beginn der Beschäftigung, wonach der gesetzliche Kündigungsschutz eingreift.
  • Verlängerung: Weder die Probezeit noch die Wartezeit können vertraglich auf länger als 6 Monate nach Beginn des Arbeitsvertrags verlängert werden.
  • Vertragsgestaltung: Es gibt Möglichkeiten, faktisch eine längere Probezeit und Wartezeit zu erreichen.

Was ist die Probezeit?

Die vertragliche Probezeit führt zu einer Verkürzung der Kündigungsfrist auf 2 Wochen, § 622 Abs. 3 BGB. Die Verkürzung der Kündigungsfrist gilt sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer. Die Probezeit muss im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart werden. Die Probezeit darf maximal 6 Monate lang sein. Sie sagt nichts darüber aus, ob schon der gesetzliche Kündigungsschutz greift.

Was ist die Wartezeit?

Die gesetzliche Wartezeit ist die sechsmonatige Frist zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses, nach deren Ablauf der allgemeine Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) greift (§ 1 Abs. 1 KSchG). Innerhalb dieser 6 Monate kann der Arbeitgeber ohne Angabe von Gründen ordentlich kündigen. Diese Frist gilt auch ohne eine vertragliche Probezeitklausel.

Kann die Probezeit verlängert werden?

Die Probezeit kann vertraglich bis zu 6 Monaten vereinbart werden. Ist zunächst eine kürzere Probezeit vereinbart, kann man die Probezeit einvernehmlich bis zur Gesamtdauer von 6 Monaten verlängern. Darüber hinaus ist eine Verlängerung nicht möglich. Abweichende Regelungen können in einem Tarifvertrag geregelt sein.

Wie wird die gesetzliche Wartezeit berechnet?

Die gesetzliche Wartezeit gilt für 6 Monate. Anschließend greift das Kündigungsschutzgesetz. Arbeitgeber, die mehr Zeit für die Erprobung von Mitarbeitern benötigen, müssen bei der Berechnung der sechsmonatigen Frist folgende Aspekte bedenken:

  • Keine Hemmung durch Ausfallzeiten: Die sechsmonatige Wartezeit beginnt mit dem rechtlichen Beginn des Arbeitsverhältnisses, nicht mit der tatsächlichen Arbeitsaufnahme. Sie läuft daher auch bei Krankheit, Urlaub oder Kurzarbeit (sogar “Kurzarbeit null”) ununterbrochen weiter und wird nicht pausiert.
  • Keine vertragliche Verlängerung: Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Wartezeit einfach über sechs Monate hinaus zu verlängern, ist unwirksam. Der allgemeine Kündigungsschutz ist ein gesetzlich zwingendes Recht zugunsten des Arbeitnehmers, das nicht vertraglich zu seinen Lasten verschoben werden kann.
  • Kein “Trick” durch Kündigung und Wiedereinstellung: Auch der Versuch, den Mitarbeiter innerhalb der sechs Monate zu kündigen und ihm direkt einen neuen (ggf. befristeten) Vertrag anzubieten, um eine neue Wartezeit auszulösen, scheitert. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sieht ein solches Vorgehen als ein einheitliches Arbeitsverhältnis an und rechnet die bereits verstrichene Zeit an. Eine etwaige Befristung scheitert regelmäßig an einem fehlenden Sachgrund. Der Sachgrund der Erprobung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG) kann regelmäßig nicht über die sechsmonatige Probezeit hinausgehen.

Kann die gesetzliche Wartezeit verlängert werden?

Obwohl eine direkte rechtliche Verlängerung der sechsmonatigen Wartezeit ausgeschlossen ist, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Zwickmühle für Arbeitgeber und Arbeitnehmer erkannt. Es hat daher zwei Gestaltungswege anerkannt, die im Ergebnis zu einer faktischen Verlängerung der gesetzlichen Wartezeit führen. Voraussetzung ist immer, dass der Arbeitnehmer eine faire und echte Chance erhält, sich doch noch zu bewähren.

  • Aufhebungsvertrag mit späterem Beendigungsdatum: Die erste Möglichkeit ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb der ersten 6 Monate einen Aufhebungsvertrag schließen. In diesem Vertrag wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, allerdings zu einem Datum, das deutlich nach dem Ende der sechsmonatigen Frist liegt. Gleichzeitig stellt der Arbeitgeber in Aussicht, diesen Aufhebungsvertrag wieder aufzuheben, wenn sich der Arbeitnehmer in der Zwischenzeit bewährt. Ein Aufhebungsvertrag wird von der Agentur für Arbeit oft als arbeitnehmerseitige Mitwirkung an der Beendigung des Jobs gewertet. Dies führt in der Regel zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von bis zu zwölf Wochen.
  • Die Kündigung mit verlängerter Auslauffrist: Die zweite, für den Arbeitnehmer meist vorteilhaftere, Variante ist eine arbeitgeberseitige Kündigung. Der Arbeitgeber kündigt das Arbeitsverhältnis ebenfalls innerhalb der ersten sechs Monate, gewährt aber eine Kündigungsfrist, die deutlich länger ist als die gesetzliche Mindestfrist. Das Arbeitsverhältnis läuft also über die Sechs-Monats-Grenze hinaus weiter und verlängert so die Erprobungsphase. Bewährt sich der Arbeitnehmer, können beide Parteien vereinbaren, das Arbeitsverhältnis doch fortzusetzen. Da die Kündigung vom Arbeitgeber ausgesprochen wurde, droht dem Arbeitnehmer im Falle der endgültigen Beendigung in der Regel keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Checkliste für eine rechtssichere Verlängerung der Wartezeit

Die genannten Wege sind kein Freibrief. Das BAG hat strenge Voraussetzungen definiert, damit der Kündigungsschutz nicht unzulässig umgangen wird. Arbeitgeber müssen die folgenden Punkte unbedingt einhalten:

  • Rechtzeitiges Handeln: Der Aufhebungsvertrag oder die Kündigung muss dem Arbeitnehmer vor Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit zugehen. Stoßen Sie den Prozess also frühzeitig an, um notfalls noch fristgerecht kündigen zu können, falls Sie keine Einigung über den Aufhebungsvertrag erzielen. Ansonsten greift das Kündigungsschutzgesetz.
  • Überschaubarer Verlängerungszeitraum: Die faktische Verlängerung muss einen „überschaubaren“ Zeitraum haben. Eine feste Regel gibt es nicht, aber Gerichte haben eine Verlängerung um 4 Monate bereits als zulässig erachtet (BAG, Urteil vom 7. März 2002 – 2 AZR 93/01). Je länger der Arbeitnehmer schon tatsächlich arbeiten konnte, desto kürzer muss die zusätzliche Frist sein.
  • Unbedingte Beendigungsabsicht: Der Arbeitgeber muss zum Zeitpunkt der Vereinbarung die unbedingte Absicht haben, das Arbeitsverhältnis zu beenden, weil er die Eignung des Arbeitnehmers als noch nicht nachgewiesen ansieht oder der Arbeitnehmer die Probezeit nicht bestanden hat. Es darf kein Vorwand sein, um den Kündigungsschutz auszuhebeln.
  • Echte Bewährungschance: Dem Arbeitnehmer muss eine reale und faire Chance zur Bewährung eingeräumt werden. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer klar in Aussicht stellen, dass das Arbeitsverhältnis bei entsprechender Bewährung fortgesetzt wird.

Probezeit und Kündigungsschutz: Wir beraten Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Das Ende der sechsmonatigen Wartezeit ist ein kritischer Zeitpunkt im Arbeitsverhältnis. Insbesondere wenn eine ausreichende Erprobung nicht stattfinden konnte, ist juristisches Fingerspitzengefühl gefragt, um eine rechtssichere und für beide Seiten faire Lösung zu finden.

Sind Sie Arbeitgeber, stehen kurz vor dem Ablauf der Wartezeit und sind unsicher über die Eignung eines Mitarbeiters? Möchten Sie eine rechtssichere faktische Verlängerung der Erprobung gestalten, ohne den Vorwurf der Gesetzesumgehung zu riskieren?

Wir helfen Ihnen, das richtige Instrument (Aufhebungsvertrag oder Kündigung mit verlängerter Auslauffrist) zu wählen, es korrekt zu formulieren und so eine tragfähige Entscheidungsgrundlage zu sichern.

Oder sind Sie Arbeitnehmer und Ihr Arbeitgeber hat Ihnen einen Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung mit langer Frist zur Verlängerung der Erprobung angeboten? Sind Sie unsicher über die Folgen, etwa eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld?

Wir prüfen die Rechtmäßigkeit des Vorgehens, sichern Ihre Rechte und helfen Ihnen dabei, eine faire Chance zur Bewährung zu erhalten.

Nehmen Sie jetzt Kontakt mit uns auf für eine fundierte Erstberatung.

FAQ

Warum muss zwischen Probezeit und Wartezeit unterschieden werden?

Die Probezeit und Wartezeit sind unterschiedliche und voneinander unabhängige Rechtsinstitute. Die Probezeit betrifft ausschließlich die Kündigungsfrist. Die Wartezeit betrifft ausschließlich die Frage, ob Kündigungsschutz gilt, dagegen nicht die Kündigungsfrist.

Brauche ich einen Kündigungsgrund in der Wartezeit?

Nein, in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses brauchen Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund. Das Kündigungsschutzgesetz ist nicht anwendbar.

Warum sollte die Probezeit oder Wartezeit verlängert werden?

Der Arbeitgeber muss bis zum Ablauf der sechsmonatigen Frist der Wartezeit entscheiden, ob er den Arbeitnehmer behalten möchte. Danach ist eine Kündigung durch das Kündigungsschutzgesetz erheblich erschwert. Wird die Wartezeit nicht durch die beschriebenen Methoden verlängert, kommt ansonsten nur in Betracht, den Arbeitnehmer endgültig zu entlassen oder nur noch erschwert kündigen zu können.

Kann die Wartezeit auch verkürzt werden?

Die gesetzliche Wartezeit von 6 Monaten kann auch verkürzt werden. Dann greif der Kündigungsschutz schon früher. Eine kürzere Probezeit führt aber nicht automatisch zu einer kürzeren Wartezeit.

Kann der Arbeitgeber die Probezeit einseitig verlängern?

Nein, die Verlängerung einer zuvor vereinbarten Probezeit kann nur einvernehmlich erfolgen. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis aber einseitig durch Kündigung beenden.

Häufig gestellte fragen

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