Besonderheiten bei der Beschäftigung von Pflegekräften
Aktualisiert am: 24. August 2025
Lesezeit: ca. 5 Minuten
Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

  • Höherer Mindestlohn: Für die Pflegebranche gilt ein eigener, nach Qualifikation gestaffelter Mindestlohn, der deutlich über dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn liegt.
  • Mehr bezahlter Urlaub: Pflegekräfte haben für das Jahr 2025 einen Anspruch auf 9 Tage zusätzlichen Erholungsurlaub (bei einer 5-Tage-Woche).
  • Längere Fristen für Ansprüche: Zu wenig gezahlter Mindestlohn kann bis zu einem Jahr rückwirkend eingefordert werden, auch wenn im Arbeitsvertrag kürzere Fristen stehen.
  • Vergütung bei 24/7-Pflege: Auch Bereitschaftszeiten, in denen sich eine Pflegekraft zur Verfügung halten muss, sind vergütungspflichtige Arbeitszeit und können zu erheblichen Lohnansprüchen führen.

Wie hoch ist der Mindestlohn in der Pflege?

Der Mindestlohn in der Pflege liegt seit dem 1. Juli 2025 je nach Qualifikation der Pflegekraft zwischen EUR 16,10 und EUR 20,50. Während in Deutschland ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn gilt, setzt die 6. PflegearbbV für die Pflegebranche ein eigenes, deutlich höheres Lohnniveau fest. Die Verordnung gilt seit dem 1. Februar 2024 bis zum Ablauf des 30. Juni 2026. Der Pflegemindestlohn ist für Arbeitgeber zwingend. Seine Höhe staffelt sich nach der Qualifikation der Pflegekräfte.

Man unterscheidet drei Gruppen:

  • Pflegehilfskräfte: Pflegekräfte ohne formale Ausbildung in der Pflege.
  • Pflegekräfte mit Ausbildung: Pflegekräfte mit einer mindestens einjährigen staatlich anerkannten Ausbildung (z.B. Altenpflegehelfer/in).
  • Pflegefachkräfte: Pflegekräfte mit einer mindestens dreijährigen staatlich anerkannten Ausbildung nach dem Pflegeberufegesetz (z.B. Altenpfleger/in, Gesundheits- und Krankenpfleger/in).

Seit dem 1. Juli 2025 gelten die folgenden Mindestlöhne in der Pflegebranche:

QualifikationsstufeMindestlohn pro Stunde (brutto)
PflegehilfskraftEUR 16,10
Pflegekraft mit einjähriger AusbildungEUR 17,35
PflegefachkraftEUR 20,50

Diese Stundenlöhne sind absolute Lohnuntergrenzen. Bestehende Tarifverträge oder Arbeitsverträge mit höheren Gehältern bleiben davon selbstverständlich unberührt.

Wie lange kann der Pflegemindestlohn geltend gemacht werden?

Der Mindestlohn in der Pflege muss innerhalb von 12 Monaten in Textform geltend gemacht werden. In vielen Arbeitsverträgen finden sich sogenannte Ausschlussfristen. Diese Klauseln legen fest, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (z.B. auf Lohn oder Überstundenvergütung) innerhalb einer kurzen Frist – oft nur drei Monate – schriftlich geltend gemacht werden müssen. Solche vertraglichen Regelungen können die Geltendmachung des Pflegemindestlohns nicht ausschließen.

Jedoch hat der Gesetzgeber selbst eine Ausschlussfrist eingeführt. Nach § 5 der 6. PflegeArbbV verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von 12 Monaten in Textform geltend gemacht werden.

Haben Pflegekräfte zusätzlichen Urlaub?

Neben einem besseren Gehalt sichert die Verordnung den Pflegekräften auch mehr Erholungsurlaub zu. Über den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen (bei einer 5-Tage-Woche) hinaus, gewährt die 6. PflegearbbV einen Anspruch auf bezahlten Mehrurlaub. Dieser zusätzliche Urlaubsanspruch beträgt 9 Tage für alle Beschäftigten mit einer Fünf-Tage-Woche.

Insgesamt ergibt sich daraus ein zwingender Mindesturlaubsanspruch von 29 Tagen (20 Tage gesetzlicher Urlaub + 9 Tage Mehrurlaub). Arbeitet eine Pflegekraft regelmäßig mehr oder weniger als fünf Tage pro Woche, wird der Anspruch entsprechend umgerechnet. Auch dieser Mehrurlaub ist eine verbindliche Vorgabe, die nicht vertraglich ausgeschlossen oder verringert werden kann.

Welche Besonderheiten gelten bei 24/7 Pflege?

Bei der 24/7 Pflege sind weitere Besonderheiten zu beachten, insbesondere die Mindestlohnpflicht von Bereitschaftszeiten. Oft wird fälschlicherweise angenommen, dass nur die aktive Pflegezeit vergütet werden muss. Das ist falsch. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt auch der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit, die mindestens mit dem geltenden Mindestlohn zu vergüten ist (BAG, Urt. v. 29.6.2016 – 5 AZR 716/15).

Beim Bereitschaftsdienst muss sich die Pflegekraft an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (z.B. in der Wohnung der zu pflegenden Person) aufhalten, um bei Bedarf sofort die Arbeit aufnehmen zu können. Sie kann ihre Zeit nicht frei gestalten. Das kann auch die Zeit sein, in der die Pflegekraft und die gepflegte Person schlafen, aber eine jederzeitige Erreichbarkeit und Unterstützung gewährleistet sein muss. Diese Zeiten sind vergütungspflichtig. Davon abzugrenzen sind lediglich ungestörte Ruhe- und Pausenzeiten.

Gerade bei 24-Stunden-Betreuungsmodellen, die oft mit ausländischen Kräften besetzt sind, führt die Nichtvergütung von Bereitschaftszeiten regelmäßig dazu, dass mehr als 20 Stunden pro Tag als mindestlohnpflichtig anzusehen sind. Damit kommt es zu erheblichen Lohnnachforderungen, die schnell mehrere Zehntausend Euro betragen können.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Für welche Betriebe gilt die PflegeArbbV?

Die Verordnung gilt für alle Betriebe und selbstständigen Betriebsabteilungen, die überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen oder ambulante Krankenpflegeleistungen für pflegebedürftige Menschen erbringen. Die Hauptausnahme sind Privathaushalte, in denen Pflegebedürftige durch Angehörige oder von ihnen direkt angestellte Personen (ohne zwischengeschalteten Pflegedienst) gepflegt werden.

Gilt der Mehrurlaub von 9 Tagen auch für Teilzeitkräfte?

Ja, aber anteilig. Der Anspruch von neun zusätzlichen Tagen gilt für eine Fünf-Tage-Woche. Arbeitet eine Pflegekraft beispielsweise nur an zwei Tagen pro Woche, hat sie Anspruch auf 2/5 des Mehrurlaubs (also 3,6 Urlaubstage aufgerundet 4 zusätzliche Urlaubstage).

Ich bin Pflegehilfskraft, habe aber einen 300-Stunden-Pflegebasiskurs. Gelte ich als “Pflegekraft mit einjähriger Ausbildung”?

Nein. Als “qualifizierte Hilfskraft” mit Anspruch auf den höheren Mindestlohn gilt nur, wer eine mindestens einjährige, staatlich anerkannte Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat. Kürzere Kurse oder Zertifikate reichen dafür in der Regel nicht aus.

Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber den Pflegemindestlohn nicht zahlt?

Sie sollten Ihren Arbeitgeber zunächst schriftlich unter Verweis auf die PflegeArbbV zur Nachzahlung auffordern und ihm eine Frist setzen. Denken Sie an die einjährige Ausschlussfrist. Wenn der Arbeitgeber nicht zahlt, können Sie Ihren Anspruch gerichtlich beim Arbeitsgericht geltend machen.

Welche Zeiten sind bei 24/7 Pflege vergütungspflichtig?

Alle Zeiten der regulären Arbeit und des Bereitschaftsdienstes sind bei der 24/7 Pflege vergütungspflichtig. Das heißt, alle Zeiten, in denen die Pflegekraft nicht mehr an einem bestimmten Ort sein muss, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen (z.B. alleine außerhalb der Wohnung). Damit können auch Schlafenszeiten bei 24/7 Pflege vergütungspflichtig sein.

Häufig gestellte fragen

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