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Urteil des LG Stuttgart zur Datenweitergabe an SCHUFA: Kein berechtigtes Interesse ohne Einwilligung des Verbrauchers

Das Landgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 16. Oktober 2024 (Az. 27 O 60/24) entschieden, dass die Weitergabe von sogenannten Positivdaten durch ein Telekommunikationsunternehmen an die SCHUFA nicht durch ein berechtigtes Interesse im Sinne der DSGVO gedeckt ist, wenn keine Einwilligung des Kunden vorliegt. Positivdaten umfassen Informationen über den Abschluss eines Vertrags, ohne dass ein Zahlungsverzug oder negatives Zahlungsverhalten vorliegt.

In dem konkreten Fall hatte ein Mobilfunkanbieter Vertragsdaten ohne Einwilligung des Klägers an die SCHUFA gemeldet. Der Kläger sah darin eine Verletzung seiner Datenschutzrechte und forderte immateriellen Schadensersatz. Das Gericht stellte zwar fest, dass ein Datenschutzverstoß vorliegt, lehnte jedoch Schadensersatz ab, da der Kläger keinen konkreten Schaden nachweisen konnte.

Zentraler Punkt des Urteils war die Frage, ob die einwilligungslose Übermittlung von Vertragsdaten zur Wahrung berechtigter Interessen des Mobilfunkanbieters gerechtfertigt ist. Das Gericht verneinte dies mit folgender Begründung:

          1.       Anlasslose Datenweitergabe: Die DSGVO verlangt, dass berechtigte Interessen „sorgfältig abgewogen“ werden müssen. Verbraucher können bei Mobilfunkverträgen typischerweise erwarten, dass Daten nur bei ausdrücklicher Einwilligung an Auskunfteien weitergeleitet werden. Diese Erwartung wird nicht durch ein berechtigtes Interesse der Unternehmen überwunden, da die einwilligungslose Weitergabe an die SCHUFA für den Kunden unvorhergesehen ist.

          2.       Alternative der Einwilligung: Der Mobilfunkanbieter hätte die Möglichkeit gehabt, beim Vertragsschluss eine Einwilligung für die Datenweitergabe einzuholen. Da diese Möglichkeit besteht, geht das Gericht davon aus, dass das Ziel der Betrugsprävention ohne Anlassweitergabe und durch ein aktives Einholen der Einwilligung erreicht werden könnte.

          3.       Fehlende Notwendigkeit im Einzelfall: Berechtigte Interessen dürfen nach der DSGVO nur für die „unbedingt erforderliche“ Verhinderung von Betrug geltend gemacht werden. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte ohne konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall keine Veranlassung hatte, Vertragsdaten weiterzuleiten. Hier kam der Kläger seinen vertraglichen Verpflichtungen stets nach, und es lagen keine Verdachtsmomente auf betrügerisches Verhalten vor.

Fazit: Das Urteil des LG Stuttgart könnte für die Zukunft wegweisend sein, da es die Anforderungen an eine datenschutzkonforme Verarbeitung von Positivdaten verschärft. Telekommunikationsunternehmen und andere Dienstleister, die Vertragsdaten an Auskunfteien weitergeben, müssen in Zukunft genauer prüfen, ob eine Datenübermittlung ohne Einwilligung wirklich gerechtfertigt ist oder ob die Einholung einer Einwilligung unerlässlich ist. Dieses Urteil stärkt die Datenschutzrechte von Verbrauchern und setzt klare Grenzen für die Datenweitergabe ohne ausdrückliche Zustimmung. 

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