Mit Mitteilung vom 06.12.2024 hat die Bundesnetzagentur (betreffend Feststellungsverfahren BK6-22-024) den Umsetzungszeitpunkt der für den 04.04.2025 vorgesehenen Änderungen in Bezug auf die Vorgaben zum Lieferantenwechsel auf den 06.06.2025 geschoben und damit den kritischen Stimmen der einzelnen Marktakteure hinsichtlich der Marktkommunikation Rechnung getragen.
Die Akteure reagieren hiermit auf die Umsetzung der in § 20a Abs. 2 S. 4 EnWG gefassten Neuerung, dass ab 2026 der technische Vorgang des Stromlieferantenwechsels binnen 24 Stunden vollzogen sein muss. Hiervon umfasst ist die prozessuale Abwicklung der Anmeldung des Lieferbeginns bei einem Netzbetreiber sowie die erforderlichen Stammdatenänderungen.
Gründe für die Neuerungen:
Das Energierecht ist und bleibt Ergebnis eines Transformationsprozesses, welcher langfristig den dynamischen Änderungen des Energiemarkts unterliegt. Neben den Zielen des Klimaschutzes sind auch die der Sicherheit, Effizienz und Verbraucherfreundlichkeit nicht zu vernachlässigen. Die vorbezeichneten Regularien dienen auch der Beschleunigung des Lieferantenwechsels, die mit einer Automatisierung der Prozesse einhergehen soll. Weiter sollen dadurch personelle Ressourcen reduziert, Clearingfälle gemindert und aktuelle Behinderungen bei dem Lieferantenwechsel behoben werden. Hiervon wird sich eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Akteure erhofft und langfristig auf die Stabilisierung der Netzbelastung spekuliert.
Änderungen der bisherigen Marktprozesse:
Um die vorbezeichneten Belange umzusetzen, bedient sich die Bundesnetzagentur einiger Instrumentarien.
Neben den Erweiterungen der Funktionen der Marktlokations-ID, kurz MaLo-ID, sollen neue Abläufe und Fristen implementiert, bestehende Abläufe neu koordiniert und eine Restrukturierung von Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE), Wechselprozesse im Messwesen (WiM) und Marktprozesse für erzeugende Marktlokationen (MPES) unter anderen durch eine Integration des MPES in das GPKE durchgesetzt werden.
Damit die 24-stündighe Spanne des Wechselprozesses einzuhalten ist, ist die Zuständigkeitsfrage zwischen Lieferanten, Netzbetreibern und Messstellenbetreibern elementar. Die bisherigen Regulierungen hatten zum Inhalt, dass der Netzbetreiber alleiniger Verteiler der Stammdaten war. Um eine Entlastung herbeizuführen, sollen neben einer Reduzierung dieser Daten die Verteilung der Stammdaten durch den jeweiligen Lieferanten oder Messstellenbetreiber erfolgen.
Die Vergabe der MaLo-ID, die die Energieerzeugung oder den -verbrauch lokalisiert, erfolgt durch den Netzbetreiber und darf fortlaufend nicht abgeändert werden. Die Ermittlung bzw. Neuvergabe der MaLo-ID soll künftig den Start des Wechselprozesses darstellen. Die Anfrage soll einer zweistündigen Frist unterliegen und sodann die notwendigen Daten (wie Adresse und Zählernummer) übermitteln.
Die Neuerungen der GPKE spiegeln das Erfordernis wider, die Verschlankung der Prozesse insoweit anzustreben, als dass das Massengeschäft durch eine Standardisierung der Abläufe weiterhin zukunftsoffen ermöglicht wird. Im Einzelnen wurde die GPKE in vier Teile aufgegliedert. Die einzelnen Teile beinhalten die einführende Prozessbeschreibung, die Zuordnungsprozesse, die Konfiguration und Steuerbefehle und die Stammdatenprozesse. Hierbei regelt die Bundesnetzagentur (BK6-24-174) ebenso, dass bis 2030 für den Zweck der Bilanzierung von Strommengen die Anforderungen an die Übermittlung pseudonymisierter Last- oder Zählerstandsgänge eingehalten werden, wenn durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen bei den Datenempfängern die übermittelten Last-oder Zählerstandsgänge nicht mit den Anschlussnutzerdaten verknüpft werden können. Eine Pseudonymisierung von Last- oder Zählerstandsgängen ist nach § 52 Absatz 3 Satz 3 Nr. 1 MsbG etwa bei Übermittlungen nach § 60 Absatz 3 MsbG bei Letztverbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch bis einschließlich 6.000 Kilowattstunden, hinter deren Netzanschluss weder eine steuerbare Verbrauchseinrichtung nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes noch eine Anlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz oder dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz betrieben wird, möglich und verpflichtend.
Die einhergehenden Änderungen der WiM sind wiederum primär eine Folge der Anpassung der GPKE und zeigen sich beispielsweise durch die Verkürzung von Fristen hinsichtlich des Zeitpunkts von Übertragung und Zuordnung der Messstellen.
Kritik:
Mit Beschluss vom 21.03.2024 ist die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur den gesetzlichen Vorgaben des § 20a Abs. 2 EnWG insoweit nachgekommen, als dass die Umsetzung im kommenden Jahr eingeleitet werden soll. Während ursprünglich April 2024 den Anfang des Übergangszeitraums bestimmen sollte, haben sich Unternehmen stark dagegen ausgesprochen. Neben der Kritik hinsichtlich des Umsetzungszeitpunkt birgt die Beschleunigung des Wechselverfahrens jedoch weitere Spannungsfelder.
Die Übermittlung der stark reduzierten Stammdaten birgt das Risiko von untergeschobenen Verträgen oder ungewollten Lieferantenwechseln. Diesem könnte mithilfe einer Vollmacht beziehungsweise der individuellen und manuellen Prüfung Abhilfe geleistet werden. Die Beschlusskammer lehnt diesen Vorschlag ab und positioniert sich somit stark für die Automatisierung der Prozesse. Argumentiert wird hierbei damit, dass eine eigene Prüfungsinstanz inklusive der Prüfung der Dokumente nicht verhindern würde, dass durch den Endverbraucher ein gesteigerter Aufwand bestehe, wenn die durch das beschleunigte Wechselverfahren geschlossene Verträge rückabgewickelt werden sollen. Eine Implementierung einer Regelung hinsichtlich der Rückabwicklung sieht die Beschlusskammer als nicht erforderlich an. Die Missachtung des Erfordernisses einer Vollmacht sei zudem durch § 180 BGB in Form der nicht rechtswirksamen Kündigung geschützt.
Fazit:
Naturgemäß ist eine Prozessoptimierung insbesondere hinsichtlich der Erreichung der in § 1 EnWG festgesetzten Ziele der Energieversorgung zu begrüßen. Die Automatisierung der Prozesse verspricht die ökonomische Optimierung eines bisherig schwerfälligen Lieferantenwechsels.
Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die neuen Regularien den Lieferantenwechsel effizienter gestalten werden und Verbraucher gleichwohl ausreichend schützen können. Denn gerade mit Blick auf die verbraucherschutzrechtlichen Bestimmungen, z.B. Geltendmachung von Widerrufsrecht und Rückabwicklung, ist die Praktikabilität einer derart kurzen Frist nicht unproblematisch.