Die Europäische Kommission hat kürzlich Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Auslegung der CSRD veröffentlicht. Obwohl viele Punkte die Regularien der CSRD wiederholen, bietet die EU auch wichtige Einblicke zur Auslegung der „zumutbaren Anstrengungen“, der Berichtspflicht zu immateriellen Ressourcen und der Überwachung der Berichterstattung. Die zentralen Erkenntnisse werden nachfolgend eingeordnet.
Anforderung bei der Offenlegung von Informationen entlang der Wertschöpfungskette
Die Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) verpflichten Unternehmen, wesentliche Informationen über ihre Wertschöpfungskette offenzulegen. Dabei müssen die bereitgestellten Informationen den qualitativen Anforderungen der ESRS entsprechen. Die Beschaffung solcher Informationen gestaltet sich mitunter schwierig, insbesondere wenn es sich bei den Akteuren in der Wertschöpfungskette um Unternehmen handelt, die nicht unter die CSRD fallen.
Der Begriff „zumutbare Anstrengungen“ im Kontext der ESRS
Ein zentraler Aspekt der ESRS ist die Verwendung von „zumutbaren Anstrengungen“ in der Datenerhebung. Dieser Begriff beschreibt die Anstrengungen, die ein Unternehmen betreiben muss, bevor es Schätzungen anstelle von direkten Informationen über die Wertschöpfungskette verwenden darf. Die Ermittlung der „zumutbaren Anstrengungen“ erfordert eine Analyse der unternehmensspezifischen Gegebenheiten und Umstände. Das FAQ nennt die folgenden Kriterien als Orientierungshilfe:
- Unternehmensgröße und Ressourcen im Verhältnis zur Komplexität und dem Umfang der Wertschöpfungskette.
- Technische Kapazitäten zur Erhebung relevanter Daten über die Wertschöpfungskette.
- Verfügbarkeit von Instrumenten für den Informationsaustausch.
- Größe und Ressourcen der Akteure in der Wertschöpfungskette, die ihre Informationskapazitäten beeinflussen.
- Technische Kapazitäten der Akteure zur Bereitstellung von benötigten Daten.
- Einfluss und Nachfragemacht, welche die Verhandlungsposition beeinflussen.
- Nähe, Einfluss und Grad der Kontrolle des Unternehmens bzgl. relevanter Akteure.
Falls auch nach „zumutbaren Anstrengungen“ die benötigten Daten über die vor- oder nachgelagerte Wertschöpfungskette nicht beschafft werden können, dürfen Unternehmen Schätzungen vornehmen unter Verwendung aller angemessenen und belastbaren Informationen (z.B. Sektordurchschnittsdaten).
Berichtspflichten zu immateriellen Ressourcen
Zudem verpflichtet die CSRD Unternehmen zur Berichterstattung über alle wesentlichen immateriellen Ressourcen als Teil des Lageberichts, unabhängig davon, ob diese in der Bilanz als immaterielle Vermögenswerte aufgeführt sind. Im Rahmen der Berichterstattung wird zwischen verschiedenen Arten immaterieller Ressourcen unterschieden, von denen das Geschäftsmodell abhängig ist:
- Humankapital umfasst Fachwissen und Kompetenzen der Mitarbeitenden.
- Organisationskapital beinhaltet unternehmensinterne Prozesse, Verfahren und Methoden.
- Beziehungskapital schließt langfristige Kundenbeziehungen und strategische Netzwerke ein.
- Innovationskapital beschreibt die Fähigkeit, Innovationen zu entwickeln und umzusetzen (z.B. durch Patente).
- Reputationskapital spiegelt das Image und den Ruf wider.
- Kulturelles Kapital bezieht sich auf die Werte und Kultur, die Identität und Handlungsweisen prägen.
- Digitales Kapital umfasst Datensammlungen, digitale Systeme und Analysetools, die zur Entscheidungsfindung und Wertschöpfung beitragen.
Überwachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD
Die CSRD führt keine grundlegenden Änderungen am bestehenden EU-Aufsichtssystem ein. Die Überwachung erfolgt auf Grundlage der bestehenden Regelungen der Rechnungslegungsrichtlinie (Artikel 51) und der Transparenzrichtlinie (Artikel 28 ff.). Darüber hinaus müssen die in den Lagebericht aufzunehmenden Nachhaltigkeitserklärungen von einem Abschlussprüfer geprüft werden. Die Prüfung durch einen unabhängigen Anbieter von Bestätigungsleistungen wird in Deutschland wahrscheinlich nicht zulässig sein.
Für deutsche Unternehmen bedeutet dies, dass Einhaltung und Sanktionen durch das jeweilige Gesetzbuch (z.B. HGB) geregelt und durch die jeweilige zuständige Stelle (z.B. BaFin oder Bundesamt für Justiz) kontrolliert werden. Die CSRD sieht keine Bewertung oder Sanktion der Nachhaltigkeitsleistung vor. Dies ist eher durch andere Stakeholder wie die Finanzbranche oder politische Steuerung zu erwarten.
Fazit
Die ESRS bieten einen klaren Rahmen für die Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen, einschließlich der Möglichkeit, auf Schätzungen zurückzugreifen, wenn direkte Informationen nicht zugänglich sind. Das Prinzip der „zumutbaren Anstrengungen“ kommt insbesondere mittelständischen Unternehmen mit weniger Einflussmöglichkeiten zugute. Allerdings verlangen die ESRS auch nach einer Erklärung, wie das Unternehmen in Zukunft fehlende Informationen erlangen möchte. Unternehmen sollten sich also nicht komplett auf einer Unzumutbarkeit ausruhen. Zudem empfiehlt sich der Austausch mit dem Wirtschaftsprüfer, was als zumutbar erachtet wird. KMU können davon ausgehen, dass Unternehmen, die unter die CSRD fallen, „zumutbare Anstrengungen“ unternehmen werden, um Information von ihren Partnern einzuholen.
Sind Sie berichtspflichtig geworden und benötigen Unterstützung bei der Einführung der ESRS-Berichterstattung? Unsere Nachhaltigkeitsexperten und zertifizierten Sustainability-Auditors (IDW) helfen Ihnen gerne.