Mit dem vollständigen Inkrafttreten des Digital Markets Act (DMA) betritt die Europäische Union regulatorisches Neuland im digitalen Binnenmarkt. Am 23. April 2025 hat die Europäische Kommission erstmals Sanktionen auf Grundlage des DMA verhängt und gegen die Technologiekonzerne Apple und Meta Geldbußen in Höhe von insgesamt 700 Millionen Euro ausgesprochen. Dieser Schritt markiert eine neue Phase in der kartellrechtlichen Aufsicht großer digitaler Plattformbetreiber – mit direkten und indirekten Auswirkungen auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie innovative Marktteilnehmer.
Apple und Meta im Fokus der Regulierung
Apple wurde mit einer Geldbuße in Höhe von 500 Millionen Euro belegt. Die Kommission monierte, dass App-Entwickler daran gehindert wurden, Endnutzer über alternative – oftmals günstigere – Kaufoptionen außerhalb des Apple-eigenen App Stores zu informieren. Dieses Verhalten beeinträchtige laut der Kommission sowohl den freien Wettbewerb als auch die Entscheidungsfreiheit der Nutzer.
Meta – Muttergesellschaft von Facebook und Instagram – sieht sich mit einem Bußgeld von 200 Millionen Euro konfrontiert. Hintergrund ist das sogenannte “Zustimmen-oder-Zahlen”-Modell, bei dem Nutzer entweder der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu Werbezwecken zustimmen oder ein kostenpflichtiges, werbefreies Abo abschließen müssen. Die Kommission wertet dies als Verstoß gegen das Prinzip der freiwilligen Einwilligung und der Datensouveränität, wie sie im DMA verankert sind.
Angekündigte Rechtsmittel und kritische Stimmen
Beide Unternehmen haben Rechtsmittel gegen die Entscheidungen angekündigt. Apple bezeichnete die Sanktionen als unangemessen und verwies auf umfassende interne Maßnahmen zur DMA-Compliance. Meta äußerte grundsätzliche Bedenken hinsichtlich der Auslegung der Regeln und monierte eine aus ihrer Sicht benachteiligende Behandlung US-amerikanischer Unternehmen im Vergleich zu europäischen Wettbewerbern.
Konsequenzen und Fristen
Die Kommission hat den betroffenen Plattformen eine Frist von 60 Tagen zur Anpassung der beanstandeten Geschäftspraktiken gesetzt. Weitere Maßnahmen bleiben ausdrücklich vorbehalten. Die verhängten Bußgelder liegen unterhalb der maximal möglichen Höhe von bis zu 10 % des weltweiten Jahresumsatzes, unterstreichen jedoch den Durchsetzungswillen der EU-Behörde und sollen auch eine Signalwirkung entfalten.
Was bedeutet der DMA für KMU?
Auch wenn der DMA in erster Linie sogenannte Gatekeeper adressiert, ergeben sich für KMU vielfältige, teils strategisch bedeutsame Auswirkungen:
- Erweiterter Marktzugang: Plattformbetreiber dürfen eigene Dienste nicht mehr systematisch bevorzugen, was gerade kleineren Marktteilnehmern bessere Sichtbarkeit verschaffen kann.
- Neue rechtliche Handlungsspielräume: KMU erhalten die Möglichkeit, sich auf klare gesetzliche Vorgaben zu berufen, etwa beim Zugang zu Nutzerdaten oder bei diskriminierenden Geschäftsbedingungen.
- Geringere Abhängigkeit: Durch Interoperabilitätsvorgaben, Datenportabilität und faire Schnittstellenzugänge können digitale Angebote künftig flexibler gestaltet werden – insbesondere im App-, E-Commerce- und SaaS-Bereich.
- Stärkung der digitalen Wettbewerbsfähigkeit: Der DMA wirkt als Rahmenbedingung, die gezielt Innovation und Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt fördern soll – auch über die großen Plattformen hinaus.
Ein Baustein digitaler Mittelstandspolitik
Gerade für mittelständische Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen eröffnet der DMA neue Potenziale, regulatorische Klarheit und faire Wettbewerbsbedingungen. Gleichzeitig ist zu beachten, dass die Umsetzung technischer Schnittstellen, Datenschutzstandards und digitaler Integrationsfähigkeit mit eigenen Herausforderungen verbunden ist. Für KMU entsteht dadurch eine neue, strategische Ebene der rechtlichen und wirtschaftlichen Planung.
nbs partners: Beratung an der Schnittstelle von Recht, Technologie und Innovation
Als multidisziplinäre Kanzlei mit Sitz in Hamburg begleiten wir unsere Mandanten umfassend in allen rechtlichen Fragen rund um digitale Transformation, Datenschutz und den Einsatz neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz. Der Digital Markets Act ist ein zentrales Element der europäischen Digitalstrategie – und ein wichtiger Hebel zur Stärkung rechtsstaatlicher Grundsätze im digitalen Raum.
Wir unterstützen Unternehmen dabei, die Chancen des DMA praxisnah zu nutzen und zugleich die regulatorischen Risiken im Blick zu behalten – sei es durch Compliance-Beratung, Vertragsgestaltung oder strategische Prozessführung.
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