MELDUNG

Aussetzung der Insolvenzanfechtung aufgrund des COVInsAG

Mit unserem Artikel vom 24.03.2020 „Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie für das Privat- und Wirtschaftsleben“ berichteten wir bereits über die umfangreiche Gesetzesinitiative, mit der die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandamie abgefedert werden sollen.

Wie berichtet, wird die Insolvenzantragspflicht gemäß § 1 S.1 COVInsAG bis zum 30.09.2020 ausgesetzt. Dies gilt aber nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

In diesem Zusammenhang sind auch die Folgen der Aussetzung auf die Insolvenzanfechtung nachstehend näher zu erläutern.

Ist die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt, so gilt eine bis zum 30. September 2023 erfolgende Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite als nicht gläubigerbenachteiligend, vgl. § 2 Abs 2 COVInsAG. Die Regelung schützt die Geber von neuen Krediten, einschließlich von Warenkrediten und anderen Formen der Leistungserbringung auf Ziel. Sie sollen nicht befürchten müssen, zur Rückgewähr zwischenzeitlicher Leistungen verpflichtet zu werden oder den Zugriff auf die bei der Vergabe der neuen Kredite gewährten Sicherheiten zu verlieren, wenn die Bemühungen um eine Rettung des Unternehmens der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers scheitern und deshalb doch ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Damit dient die Regelung dazu, Banken und andere Kreditgeber zu motivieren, Unternehmen, die sich aus den in § 1 COVInsAG genannten Gründen in einer Krise befinden, zusätzliche Liquidität zur Verfügung zu stellen. Mithin betrifft § 2 Abs. 2 COVInsAG neue Kredite. Erfasst werden mithin Kredite, die im Zeitraum zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 gewährt werden. Bei einer bloßen Novation oder Prolongation und wirtschaftlich vergleichbaren Sachverhalten, die etwa auf ein Hin- und Herzahlen hinauslaufen, kommt das Anfechtungsprivileg hingegen nicht zur Anwendung. Entsprechendes gilt für die Gewährung von Gesellschafterdarlehen. Jedoch wird die Gewährung von Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen aus dem Vermögen der Gesellschaft ebenfalls nicht privilegiert.

Aber nicht nur kreditgewährende Institute sollen vor Insolvenzanfechtungen geschützt werden.

Folglich befasst sich § 2 Abs. 4 COVInsAG mit der Gewährung von kongruenten sowie inkongruenten Deckungen, die im Geschäftsverkehr zwischen den Vertragspartnern regelmäßig erfolgen. Diese Regelung betrifft z.B. Vertragspartner von Dauerschuldverhältnissen wie Vermieter sowie Leasinggeber, aber auch Lieferanten. Wenn solche Vertragspartner befürchten müssten, erhaltene Zahlungen im Falle des Scheiterns der Sanierungsbemühungen des Krisenunternehmens mit anschließender Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund einer Anfechtung zurückzahlen zu müssen, wären sie geneigt, die Vertragsbeziehung auf dem schnellsten Wege zu beenden, was wiederum die Sanierungsbemühungen vereiteln und damit die gewollte Aussetzung der Insolvenzantragsgewährung aushebeln würde, weil dann eben keine Aussicht mehr besteht, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Gemäß § 2 Abs. 4 S. 1 COVInsAG ist eine Rechtshandlung, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, die dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, mithin eine kongruente Deckung, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar. Dies gilt entsprechend für die in § 2 Abs. 4 S. 2 COVInsAG genannten Rechtshandlungen. § 2 Abs. 4 S. 2 COVInsAG betrifft inkongruente Deckungen, wie z.B. Leistungen an Erfüllung statt oder erfüllungshalber sowie Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners. Da es sich hierbei um inkongruente Deckungen handelt, also Rechtshandlungen, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewähren oder ermöglichen, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat, sind die genannten Fälle auch abschließend.

Allerdings ist die Privilegierung nach § 2 Abs. 4 COVInsAG zur Gewährung der dort genannten Rechtshandlungen ausgeschlossen, wenn dem potenziellen Insolvenzanfechtungsgegner bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind. Die Beweislast hierfür erfolgt nach den allgemeinen Regeln und liegt somit bei demjenigen, der sich auf die Anfechtbarkeit beruft. Hingegen muss der andere Teil sich nicht davon überzeugen, dass die Schuldnerin oder der Schuldner geeignete Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen trifft. Vielmehr ist nur die nachgewiesene positive Kenntnis vom Fehlen von Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen oder von der offensichtlichen Ungeeignetheit der Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen schädlich und würde den Anfechtungsschutz entfallen lassen.

Es bleibt abzuwarten, wie in späteren Insolvenzverfahren seitens des anspruchstellenden Insolvenzverwalters substantiiert vorgetragen und bewiesen wird, dass der Insolvenzanfechtungsgegner positive Kenntnis hatte. Dem Vertragspartner des möglichen Insolvenzschuldners ist hingegen jetzt bereits zu empfehlen zu dokumentieren, warum von einer Aussetzung der Antragspflicht ausgegangen werden konnte. Denn dies kann sodann zu seinen Gunsten in einem etwaigen Prozess vorgetragen werden.

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